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50 H. HEDENUS
punkt des menschlichen Lebens steht, gestattet nur in den seltensten Fällen ein Abändern
oder Auslassen einmal geschaffener Bräuche und Tabus. Es ist der Tod, der das Leben recht
eigentlich bestimmt. Sein Schatten fällt von der ersten Stunde über unser Dasein. Desto
tiefer der Mensch steht, desto mehr ist er ihm verfallen. Diese Erkenntnis wurde wohl kaum
je in erhabenerer Form dargestellt als in den Lehrern des Buddhismus, der ja auch Indonesien
so stark beeinflußte. So müht sich beispielsweise bei einer Reihe von Völkerstämmen des
Indischen Archipels der Hausvater sein ganzes Leben lang recht eigentlich nur darum ab,
um zum eigenen Totenmahl genügend Opfertiere, einen Sarg und reiche Gewänder für die
Bestattungsfeier zu haben. 1 Denn je prächtiger die Bestattung ausfällt, desto angenehmer
und angesehener soll das Leben in irgendwelchen Totenreichen sein. Daher sagt auch
Camerling (p. n), daß die Art der Bestattung von Wichtigkeit sei für den Ahnenkult, denn
die Toten könnten ohne richtige Bestattung nicht unter die Ahnen aufgenommen werden.
Aus diesem Grunde dürften z. B. durch Unglücksfälle ums Leben Gekommene fast überall
gesondert bestattet werden, um sie auch im Totenreich oder in einer sonstigen Postexistenz
von den übrigen Verstorbenen fernzuhalten.
Diese Ansicht, daß die Bestattung sozusagen von den herrschenden psychisch-religiösen
Vorstellungen abhängig ist, vertritt auch Buschan in der Einleitung zu seiner dreibändigen
Völkerkunde. Sie dürfte die Anschauung sein, der man am häufigsten begegnet, und die auch
durch zahlreiche Beispiele gut zu belegen ist. So berichtet uns Vomering 2 , daß eine Be
stattung in Indonesien als unerläßlich angesehen werde, denn erst dadurch werde der Tote
oder der ,Geist 4 dieses Toten endgültig aus seiner früheren Umgebung herausgelöst. Auch
die für ihn und die Hinterbliebenen wünschenswerte Ruhe und Frieden würden erst durch
sie garantiert. So begräbt man an vielen Stellen des Archipels als Ersatz für einen unauf
findbaren Leichnam ein Stück Holz oder Stein, um so auf magische Weise das gleiche zu
erzielen als bei einer regelrechten Bestattung. Ferner dürfte dies der Grund sein, warum
man bei vielen Völkern z. B. für die Zauberer ebenfalls eine besondere Art der Bestattung
anwendet. Ihr gefürchtetes Wesen soll dadurch für alle Zeiten vernichtet werden. So wird
der weibliche Guru 3 (Zauberer) bei den Karo-Batakern im Gegensatz zu der üblichen Be
stattung verbrannt, oder bei dem selben Volke der tondi si chorchor (, Seelenstoff 4 ) eines
bösen Menschen auf magische Weise im Westen dem Feuer übergeben. 4 Dies soll einerseits
den sofortigen Tod dieses Menschen bewirken und andererseits die in ihm wohnenden beiden
übrigen unstofflichen Wesen, den tondi siguliman oder si pargongon, sowie den tondi si
antahara zu ahasverischem Dasein verdammen. Auch die Fesselung der Leiche, sowie eine
Abart davon, die Hockerbestattung, dürften als Konsequenzen bestehender Seelenvor
stellungen oder zumindesten von der eines lebenden Leichnams beeinflußt sein.
Dieser Anschauung der Abhängigkeit der Bestattungsriten von religiösen Auffassungen,
steht die entgegengesetzte Richtung gegenüber, die die seelischen Vorstellungen als eine
Folge der Bestattungsgebräuche ansieht. Es ist das Verdienst von R. Moss, in ihrem Werke 5
immer wieder auf die schwierige Entscheidung dieser Fragen hingewiesen zu haben, anstatt
wie bisher die oben dargelegte Annahme einfach vorauszusetzen. Nach ihr (p. zoqff., p. 216)
besteht auf der frühesten sozialen Stufe überhaupt kaum eine Verbindung zwischen Be
stattungsriten und religiösen Anschauungen. Erst wenn die Bestattungsgebräuche durch
Tradition und Priesterspekulationen stereotyp geworden sind, erfordern die teils historisch,
teils geographisch bedingten Riten eine Ausdeutung, die häufig genug auf die bestehenden
religiösen Vorstellungen reformierend einwirkte. Auf einer noch späteren Stufe sollen dann
wieder die auf diese Weise erweiterten religiösen Anschauungen umgestaltenden Einfluß auf
ua.
1 Lampong, Nias, Bataker, Papi
2 Vomering, p. 160.
3 Neumann IV (p. 24H.).
4 Wilken (I) p. 6 ff.
5 s. Literatur-Verzeichnis.