Volltext: Baessler-Archiv, 10/13.1926/29

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BESPRECHUNGEN UND BÜCHEREINGÄNGE 
wie auf geistigen — in Zukunft mit dem Schicksal der 
Wissenschaft verbunden ist. Demnach betrachtet er 
Glauben und Sitten der Völker, denen sein Buch gewid 
met ist, nicht als ein irrationales Bedürfnis der Mensch 
heit, sondern als eine Kette von Irrtümern primitiver 
Denkart, die aufzudecken das Ziel seines Buches ist, so 
sehr er auch zuweilen geneigt ist, dem romantischen, un 
wiederbringlich verlorenen Inhalt eine Träne nachzu 
weinen. Den evolutionistischen Gedanken entspricht es 
nun auch, daß er, wie bekannt, es als wahrscheinlich hin 
stellt, die Magie sei der Religion, dem Glauben an Götter, 
vorausgegangen, indem der Mensch allmählich ein 
gesehen habe, daß die menschlichen Kräfte nicht aus 
reichend seien, die großen Veränderungen in der Natur 
hervorzubringen, und daß es demnach besondere Wesen 
dafür geben müsse. Die Magie ist ihm daher eine Art 
primitiver Wissenschaft, und die Tiefen der Religion 
bleiben für ihn kein Rätsel. Die geschichtliche Seite von 
Glauben und Sitte zu behandeln, liegt ihm fern — sie 
zu verfolgen wäre auch im Rahmen eines solchen Buches 
schwer genug gewesen — er nimmt vielmehr seine ver 
gleichenden Beispiele zur Erklärung aus allen Zeiten und 
Völkern, wo er solche findet. 
Fragt man sich nun aber, ob seine Anschauungsweise 
und Methode, die heute von vielen Ethnologen nicht mehr 
geteilt wird, ihn etwa verhindert habe, zu bleibenden Er 
kenntnissen zu gelangen, so muß man im Gegenteil bei 
der Gewissenhaftigkeit seiner Forschung anerkennen, 
daß gerade „der goldene Zweig“ teils eine Reihe ge 
sicherter Ergebnisse, teils wenigstens Hinweise zur Er 
klärung aufweist, die man auch weiterhin immer wieder 
anwenden wird. Dahin gehört z. B. der Grundzug des 
Buches, dem zufolge das im König oder Priester oder sonst 
in einer Person, einem Tier oder Symbol verkörperte 
Naturwesen durch Tötung auf der Höhe der Kraft er 
halten wird. Solche imitative Magie hat sich z. B. in 
Mexiko zur Erklärung gewisser Arten der Opfer trefflich 
bewährt. Freilich werden diese Dinge von Frazer gewisser 
maßen nur im Groben herausgemeißelt: das Verständnis 
der Götter oder ihrer Verehrer erfordert viel mehr und 
namentlich nicht nur Gedankenfeststellung, sondern reli 
giöses Eindringen. Andererseits wird man z. B. seine Er 
klärung von Tod und Auferstehung des Jünglings bei der 
Initiation zur Zeit der Geschlechtsreife, die nach ihm vor 
allem bei totemistischen Stämmen Vorkommen soll, als 
zu speziell und rationalistisch ansehen. Er meint nämlich, 
der Knabe sterbe als Mensch und werde als Tier wieder 
geboren, indem die beiderseitigen Seelen gewissermaßen 
ausgetauscht werden. Ebenso sei es mit dem gleichen Vor 
kommnis des Sterbens und Auferstehens bei der Initiation 
in Geheimbünde. 
Wenn wir dieses klassische Denkmal des Evolutionis 
mus noch einmal überschauen, so erkennen wir einmal, 
daß wir solche einfachen Vergleiche durch Aneinander 
reihung von Quellen auch ferner zur ersten Orientierung 
stets werden vornehmen müssen, sei es nun mit oder ohne 
die Weltanschauung des Evolutionismus. Gerade die 
magische Seite der Religion gibt uns ein leichtes Verständ 
nis und befriedigt auch die Auffassungsgabe von Leuten, 
die sich wenig damit abgegeben haben. Der Erfolg des 
Buches erklärt sich auch dadurch, daß Frazer stets mit 
beiden Beinen auf der Erde steht und die Astralmytho 
logie, die zum Verständnis dieser Erscheinungen gehört, 
geradezu ängstlich vermeidet, denn dadurch würde ein 
strittiges, manchen unverständliches Element hinein 
kommen. Einschmeichelnd ist auch der trotz aller hervor 
gehobenen Abweichungen durchgehende Gedanke, daß 
gewissermaßen eine ganze Phase der menschlichen Ent 
wicklung auf einmal beleuchtet wird. Es ist aber selbst 
verständlich, daß ein tieferes Eingehen in die Einzeler 
scheinungen im Zusammenhang mit der sonstigen Kultur 
des jeweiligen Volkes verlangt und daß andererseits die 
geschichtliche Verbreitung und womöglich Aufeinander 
folge in jedem Falle ins Auge gefaßt werden muß. 
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