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LEO STERNBERG
der goldenen Kröte ebenfalls eine Persönlichkeit des Zwillingskultes darstellt; drittens,
daß sowohl die Ikonographie als auch die mit den Ho-Ho wie mit dem Tao verknüpften
Legenden vollständig von indischen Einflüssen durchdrungen sind; viertens hoffe ich end
lich zwei bei Alexejew ungeklärt gebliebene Fragen erhellen zu können, nämlich: die Ur
sache des Auftretens des Taoisten mit der goldenen Kröte im Ho-Ho-Kult, und den Grund
dafür, daß die Kröte stets mit nur drei Pfoten dargestellt wird.
II.
Für das von uns erforschte Problem ist vor allem, wie aus der weiteren Darstellung
erhellen soll, die Frage nach dem Ursprung des Terminus Ho-Ho von größter Bedeutung.
Von Alexejew wird die Lösung dieser Frage auf folgende Weise angestrebt: Seinen
Ausführungen nach hätte ursprünglich der aus zwei, in Laut und Ton gleichen Worten,
deren eines Eintracht, das andere Einheit bedeutet, zusammengesetzte Terminus Ho-Ho
in keinerlei Zusammenhang mit den den gleichen Namen führenden Gottheiten gestanden.
In seiner eigentlichen und ursprünglichen Bedeutung sei dieser Terminus zur Bezeichnung
von Einheit-Eintracht gebraucht worden. Da jedoch „Einheit-Eintracht“ einen chine
sischen Glückwunsch darstellt, so hätten, nach Alexejew, die Chinesen, aus der ihnen
innewohnenden „Manie zur Erfindung von Glückwunsch-Rebussen heraus“ für den Glück
wunsch „Einheit-Eintracht“ einen besonderen Rebus geschaffen. Zu seiner Darstellung
wurden mit Ho-Ho gleichklingende und gleichtönende, der graphischen Darstellung nach
jedoch von ihnen vollkommen verschiedene 1 Worte gewählt, deren eines Kästchen (Schmuck
kästchen), das andere Lotosblume bedeutet. „Nun brauchte die Kunst nur noch einen
Schritt zu tun, um dem stummen Rebus durch seine Ausstattung mit den, das Symbol
bewahrenden Figuren Leben zu verleihen, und davon rührte der Einfall her, einander voll
kommen gleichende, die Symbole des Doppelgängerpaares Ho und Ho in den Händen
haltende Figuren zu schaffen, die von Sternberg für Zwillinge gehalten werden
Ich will ja gerne zugeben, daß unter den liegenden auch solche Vorkommen mögen, die
deutlich auf zwillinghafte Wesenheit hinweisen, doch hat dies als post hoc = propter hoc
zu gelten“ (S. 267, 268).
In dieser Darstellung erscheinen also die Attribute der Genien Ho-Ho, Kästchen
und Lotos, als rein zufällig, nur der bloßen Konkordanz der Laute, nicht aber dem Sinne
des Glückwunsches nach gewählt. Die beiden, einander bis ins kleinste gleichenden Doppel
gängergestalten, die das Objekt des in China am meisten verbreiteten Kultes bilden,
sollen demnach aus einer Künstlerlaune heraus erschaffen worden sein, einen stummen
Rebus zu beleben.
Mit Leichtigkeit läßt sich nachweisen, wie gekünstelt diese Erklärung ist.
Tatsächlich verläuft die Ausgestaltung der, wie aus dem von Alexejew angeführten
lexikologischen Material erhellt, vollkommen abstrakt-metaphysischen Bezeichnung Ho-Ho
im Sinne von „Einheit-Eintracht“ in ganz anderer, dem von ihm geschilderten Prozeß
direkt entgegengesetzter Weise.
Vor allem verdient die Tatsache Beachtung, daß der Glückwunsch Ho-Ho seinem
ursprünglichen Inhalte nach keineswegs Einheit-Eintracht, sondern Reichtum bedeutet,
mithin ein Gut, das mit dem ethischen Gute der seelischen Harmonie nichts gemein hat.
Schon aus diesem Grunde hätte sich, hätten die Worte Ho-Ho, wie Alexejew annimmt,
in ihrer ursprünglichen Bedeutung Einheit-Eintracht bezeichnet, hieraus kein Reich
tumsrebus bilden können. Ferner sind Kästchen wie Lotosblume durchaus nicht zu-
1 Meines Erachtens sind sie, wie weiter unten ausgeführt werden soll, graphisch keineswegs vollkommen ver
schieden.