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Bororos.
In der Nähe von Descalvados besuchte der Reisende noch ein Gräberfeld, wo er zahl
reiche Urnen, halb im Erdreich vergraben, vorfand. Leider waren die meisten zertrümmert
oder durch das Wurzelwerk des alles überwuchernden Dickichts zersprengt. Doch gelang es
ihm, neben kleineren, eine nahezu i m hohe und 80 cm Durchmesser haltende tonnenförmige
Urne herauszugraben und unverletzt nach Berlin zu bringen.
Auf der Rückkehr den Fluss abwärts, besuchte der Reisende schliesslich noch die
Guatö’s, Canoe-Indianer, die in der Gegend der Laguna de la Cayba bis zum Einfluss des
San Lourengo in den Paraguay, leben, in der trockenen Jahreszeit auf dem Wasser der Jagd
auf Wassergeflügel, Carpinchos und Krokodile nachgehn, in der Regenzeit auf die benach
barten Campos ziehen, wo ihnen die die Campos bevölkernden Hirsche reichlich Nahrung
gewähren. Auch von diesen Indianern hat der Reisende sehr interessante Gegenstände zurück
gebracht: Bogen und Pfeile, ähnlich denen der Bororö’s, aber weniger sorgfältig gearbeitet,
über 3 m lange Tigerlanzen mit Knochenspitze; Mosquiteros, aus zwei dichtgewebten und an
drei Seiten zusammengenähten Decken bestehend, die, mit der offenen Seite unten den Boden
berührend, an Bäumen befestigt werden und ihnen als Schlafstätte und, während der trockenen
Monate, als einziger Schutz gegen Unwetter dienen. — Aus dem Gebiet der Guatö trat der
Reisende über Asuncion und Buenos-Aires den Rückweg nach Europa an.
Nachfolgend die von dem Reisenden selbst über die beiden letztgenannten Stämme
aufgestellten Notizen.
Ungefähr acht Leguas im Norden von Descolvados, an der Lagoa-Grande, die, neben
bei gesagt, ein Sumpf voller Pflanzen ist, liegt ein Aldea der Bororos.
Die Bororos sind Waldindianer, die das Wasser nicht zu lieben scheinen, denn sonst
würden sie sich an dem nahen Rio Paraguay ansiedeln, dessen Ufer weit reicher an Jagd-
thieren sind, als die wasserarmen Campos und Wälder des Innern. In Folge der Wasser
scheu starren die sonst nicht hässlichen Menschen voller Schmutz. Die Hütten liegen zer
streut auf einer Anhöhe und bestehen aus geflochtenen Palmblättern, wie Zeichnung zeigt.
Bei schönem Wetter ist der Rancho vollständig offen, bei Regenwetter schliessen sie
denselben mit Palmenmatten.
Jeder Rancho hat eine erhöhte Lagerstelle, die mit Matten und Thierfellen bedeckt ist.
Die Bororos sind grosse kräftige schöngebaute Leute von schwarzbrauner Farbe, die Weiber
sind verhältnissmässig klein, jedoch ebenfalls kräftig, der Haarwuchs am Körper ist bei beiden
Geschlechtern sehr spärlich, das Kopfhaar lang, grob und schwarz.
In einem jammervollen Zustande fand ich die Kinder, sie essen alle Erde und haben in
Folge dessen unförmlich dicke Bäuche, die den fast abgemagerten Körper entstellen.
Bei keinem anderen Indianerstamme habe ich primitivere Bekleidungsstücke gefunden
wie bei den Bororos. Die Männer gehen vollständig nackend, nur den Penis bekleiden sie
mit einem Futteral aus Schilf, die Vorhaut binden sie zusammen, das Glied ist aufrecht am
Körper befestigt; die Unterlippe durchbohren sie und stecken einen Knochen durch (anbei
Zeichnung).
Die Weiber gehen ebenfalls nackend, das einzige Bekleidungsstück ist ein schmaler
Streifen Kaktusrinde, der nur den geringsten Theil der Schamtheile verhüllt.