als der Fürst auf seinem Bette schlief, sah er, wie der Gott in Ge
stalt eines goldenen Sperbers seine Kapelle verliess, zum Himmel
empor und dann in der Richtung nach Aegypten fortflog. Als er
erwachte, fühlte er sich zerschlagen; 1 ) voll Entsetzen entliess er nun
mehr den Gott reich beschenkt in die Heimat.
Eine völlig entsprechende Geschichte knüpft ein griechischer
Rhetor des vierten nachchristlichen Jahrhunderts an einige gegen die
Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. im Nilthale lebende historische
Persönlichkeiten. Libanius 2 3 ) berichtet nämlich einer altern, jetzt nicht
mehr benennbaren Quelle folgend: Als Ptolemäus — gemeint ist
Ptolemäus II Philadelphus — zur Zeit des Antiochus nach Syrien
kam, und eine schöne Statue der Artemis sah, wünschte er sie für
sein Land zu gewinnen und nahm sie mit nach Aegypten, wo sie
verehrt ward. Allein, die Göttin wünschte in die Heimat zurück
zu kehren; sie schlug die Gattin des Königs mit Krankheit und
eröffnete ihr durch Traumbilder, warum dies geschehe. Das Ilcrr-
scherpaar sendete sie, hierdurch bewogen, nach Hause, wo man sie
wieder in ihrem alten Heiligtume aufstellte.
Anmerkung der Redaktion. Diese Umfrage greift in’s Gebiet des
moralischen Folklore ein, wie uns solchen Steinmetz in Rd. VI, Heft 11, S. 51,
darlegt; es ist aber liier eine eigentümliche Auffassung vom Recht im Glauben und
Brauch der Völker durch Beispiele zu beleuchten. Wir bitten unsere Mitarbeiter
um möglichst genaue und klare Mitteilungen aus unseren Tagen zur Weiterführung
dieser Umfrage. K. und 0.
2. Die Natur und die Naturerscheinungen in der Mythologie
und Volkkunde der Indianer Amerikas.’}
Von Dr. A. F. Chamberlain (Clark University, Worchester, Massachusetts).
II. Die Milchstrasse. Bekannt sind die Worte des eng
lischen Dichters Pope:
„Im, the poor Indian! whose untutor’d mind
Sees God in clouds, or hcarshim in the wind;
Ilis soul proud science never taught to stray
Far as the solar walk or Milky Way.“
Bei vielen Indianerstämmen aber wird die Milchstrasse als
„Seelenpfad, Geisterweg“ u. s. w. angesehen. Die Fassamaquoddy-
Indianer von Maine und Neu-Braunschweig sehen die Milchstrasse als
den Seelenpfad und auch als die Sehne des Bogens vom grossen un
sichtbaren Geiste an. 4 ) Die Odschibwe nennen sie teipai-mikan,
oder teipekan, d. h. „Totenweg“, von teipai, „Leichnam, Geist“,
J ) Das ägypt. Wort hnuh bedeutet: sich in irgend einem unangenehmen Zu
stande befinden; es hängt mit dem Stamme hi, heni „schlagen, zerschmettern“,
zusammen. 2 ) Libanius, Orat. XL -f-: I, p. 306 Z. 11 ff. ed. Reiske.
3 ) Siebe Am Ur-Quell IV, S. 261 f. — Eine Umfrage über La voie lactée
von Gaidoz, Mélusine II, S. 151—158; 403 und III, S. 71; 143. — Am Ur-Quell
II, S. 87; IV, 28, 29, 46, 47. 4 ) Leland, Alg. Leg., 307.