AM UR-QUELL.
Herausgegeben
von
Friedrich S. Krauss.
„Das Yolktum ist der Völker Jungbrunnen.“
IV. В. IX./X. Hft. Bezu gpreis ganzjährig: 4 M. — 5 Kronen, i 1893.
Sagen vom Ursprung der Fliegen.
Yon Dr. A. Haas—Stettin.
II. Das YI. Heft des Urquells enthält Chamberlains lehrreichen
Aufsatz vom Ursprung der Fliegen und Moskiten, in dem insonderheit
die Ueberlieferungen der Völker des Orients und der neuen Welt
berücksichtigt sind. Derselbe Gedanke aber, der den hier mitgeteilten
Sagen zu Grunde liegt, findet sich auch in einer pommerschen Sage
wieder, die zur Zeit allerdings nicht mehr im Volkmunde bekannt ist.
Johannes Bugenhagen berichtet nämlich in seiner Pomerania
(S. 104, ed. J. II. Balthasar) in Bezug auf die Anwesenheit des
Pommernapostels Otto von Bamberg in Gützkow (Chozegovia) im
Jahre 1128 folgendes: In destructione phanorum id miraculi accidit,
ut muscae insolitae magnitudinis, ex templis evolantes, ita aerem
repleverint, ut diem auferre viderentur nec cessaverint, ora infestare
hominum, donec, erecto crucis vexillo, divinis laudibus effugatae Rutenos
adierint, ubi — proh dolor! — hae mysticae daemonum muscae adhuc
omnis erroris tenebras hominibus offundunt.
Dieselbe Sage kehrt wieder bei A. G. von Schwarz in seiner
dipl. Geschichte der Pom.-Rüg. Städte (Greifswald 1755, S. 667 f.),
wo es zum Schluss heisst: „Wider welche (sc. die Fliegen) die Clerisey
mit geistlichen Waffen ausrücken musste, und als sie dadurch in die
Flucht getrieben waren, wollte man ihnen nachgesehen haben, dass
sie ihren Flug nach Rügen zu dem Beelzebub, der nun (sc. 1168) zu
Arkona zerstört ward, genommen hätten.“
Auf diesen beiden Berichten beruht die Sage von den „Götzen
fliegen zu Gützkow“, wie sie von Temme: Die Volksagen von Pommern
und Rügen (Berlin 1840) Nr. 26 aufgezeichnet ist. Ich kann jedoch
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