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ist Seiner Hoheit wissenschaftliche Richtung ein Glück zu nennen. Dass die Ethnolog.
Mitteilungen unseres Freundes Prof. Hermanns neu aufleben, ist auch nur der
Huld Seiner Hoheit zu verdanken. Und diese Zeitschrift verdiente eine Weiter
führung. Zu ihrer Empfehlung verfasste Se. Hoheit ‘Mitteilungen über die in
Alcsüth angesiedelten Zeltzigeuner’, die in einfacher Zwanglosigkeit eine Reihe vor
trefflicher Beobachtungen darbieten. An zweiter Stelle bespricht von Türök, ein
gewiegter Anthropolog, den palaeolithischen Fund aus Miskolcz und die Frage
des diluvischen Menschen in Ungarn (eine bedeutsame Kritik bisheriger Methode);
darauf folgen vom Mitredakteur Dr. von Wlislocki Beiträge zur Volkkunde der
Siebenbürger Sachsen (recht reichhaltig und belehrend) und vom Referenten ein
seltsames bulgarisches Guslarenlied aus Bosnien, das die Schlacht am Rabfluss
behandelt. Zum Schluss vom Herausgeber ein lat. Dokument zur Geschichte der
Zigeuner und Besprechungen von Wlislocki, Katona und Herrmann. Der Anfang ist
vielverheissend. Jetzt, wo wir ungarische Folkloristen einen Führer haben, werden
wir auf der betretenen Bahn beharrlich vorwärts schreiten. Krauss.
Nachruf.
Wie ich aus den Familiermachrichten des „Berliner Tageblatts“
ersehe, ist in der dritten Juni-Woche der Privatgelehrte Robert Hein
im rüstigsten Mannesalter gestorben. Er hat für die Bibliographie
und Textkritik der volkmässigen deutschen Kunstlyrik, der älteren
Modelieder, der zeitweilig beliebten Gassenhauer viel getan, wenn
auch nicht alle seine einschlägigen Nachforschungen in den Druck
gelangten. Ich hatte für den gediegenen Fleiss dieses Mannes, der,
ohne eigenen Herd, sein wohl entsagungvolles Dasein bloss jenen
Lieblingstudien widmete, stets lebhafte Teilnahme empfunden, zumal
ich seine Abhandlungen öfters mit Nutzen und Dank befragt habe.
Eine persönliche Verbindung mit ihm anzuknüpfen, gelang mir nicht,
weil ich trotz wiederholter Erkundigung nichts über ihn in Erfahrung
bringen konnte, und da seine litterarischen Aeusserungen verstummt
zu sein schienen -— wenigstens kam mir seit Jahren nichts wieder zu
Gesicht — so hielt ich den wackern Arbeiter schon längst für eine
Beute von „Freund Hain“. Doch hat er also erst jetzt diese Welt
verlassen, die ihm so wenig Anerkennung und Beachtung geschenkt
hat, dass in keinem Schriftsteller-Kalender seine Adresse oder auch
nur sein Name zu finden war. Gern würde ich einen würdigen Nekrolog
unternehmen, aber es fehlt eben an allen Daten. Kann vielleicht
Jemand über ihn Auskunft erteilen? Bald wird er ganz vergessen
sein und nach seinem etwaigen wissenschaftlichen Nachlass wird dann
kein Hahn krähen. Er war durchaus gediegen, auch im Kleinsten;
man vergleiche z. B. Notizen, wie im neunten Bande des Schnorrischen
„Archivs für Literaturgeschichte“. In letzterer Zeitschrift stehen
manche treffliche Mitteilungen von ihm, so auch XII (1884), 371—403
wertvolle Nachträge zu Holtmanns von Fallersleben „Unsere volks
tümlichen Lieder“, welches wichtige Verzeichnis Hein am besten hätte
erneuern können; auch schon im „Archiv f. Literaturgeschichte“ VI.
(1877) 512—521 stehen Beiträge von ihm. L. Fränkel.