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B. Referate. Anthropologie.
form der Gehirnrinde zum Abschlüsse kommt. Es hängt damit auf das
innigste die weitere Frage zusammen, ob sich nachweisen lässt, dass Übung
und Erziehung noch auf verhältnismässig späten Entwicklungsstufen des
Menschenkörpers die Gestaltung des Hirns merklich beeinflussen. Yf. hat
nun 80 Hemisphären (= 40 Gehirne) aus der ersten Hälfte des Extrauterin
lebens, 40 und ebensoviel Q, zusammengebracht; er untersuchte ausser
dem 10 Hemisphären von Föten des 6.—9. Monats, 12 Hemisphären von
Kindern im Alter von 6 Monaten bis zu 8 Jahren, endlich 10 Hemisphären
erwachsener Individuen beiderlei Geschlechts. Yon den Ergebnissen, zu
denen Yf. gelangt, ist besonders beachtenswert der Satz, dass die Ent
wicklung der Furchen und Windungen nicht, wie bisher vielfach angenommen
wurde, in der fünften Woche des Extrauterinlebens endgiltig abgeschlossen
ist, sondern sich bis zum Ende des ersten Halbjahres erstreckt. Yf.
ist sogar der Meinung, dass auch nach dem ersten Halbjahr und überhaupt
Avährend der ganzen Dauer des Hirnwachstumes (? Ref.) feinere Modellierungs
vorgänge an der Gehirnoberfläche noch stattfinden. Irgend welche positive
Thatsachen zum Beweise dieses Satzes werden freilich nicht beigebracht.
Richtig ist jedenfalls, dass unsere Statistik der Furchen- und Windungs
varietäten noch sehr der Vervollkommnung bedarf. Je mehr man mit der
Sache sich beschäftigt, desto deutlicher wird es, wie wenig wir eigentlich
davon wissen. Man fragt sich unwillkürlich, wo denn da die Grenzen der
Variationen liegen mögen? — Eine ausführlichere Besprechung des Inhaltes
der Schrift, auf die hier nur kurz hingewiesen sei, behalten wir uns vor.
Dr. Richard Weinberg-Dorpat.
93. E. Reinhardt: Über den Ansatz der Musculi lumbricales an
der Hand des Menschen. Anatomischer Anzeiger 1901.
Bd. XX, Nr. 5 und 6, S. 129.
Bestätigung der von Kopsch aufgesteliten zwei Typen der Insertion
des Systemes der Lumbricalmuskeln; 1. alle vier inserieren an der radialen
Seite des 2.—5. Fingers (39°/ 0 ), oder 2. Lumbricalis III zerfällt in 2 Köpfe
bei „normalem“ Verhalten der übrigen Muskeln. Da die Häufigkeit beider
Anordnungen keine grossen Differenzen aufweist, so sind rassenanatomische
Unterschiede zwischen Slaven und Germanen in diesem Punkte nicht anzu
nehmen. Wie verhält sich die Sache bei weiter entlegenen Rassen? Auch
der Einfluss, den spezielle Berufe auf die Anordnung der Lumbricales üben,
ist zu eruieren, und schliesslich auf Geschlechtsunterschiede (die Vf. nicht
berücksichtigt) zu achten. J) r . Richard Weinberg-Dorpat.
94. Franz Daffner: Das Wachstum des Menschen. 2. vermehrte
lind verbesserte Auflage. Leipzig, W. Engelmann, 1902.
Gegenüber der ersten, 1897 erschienenen Auflage hat die vorliegende
eine ganz erhebliche Vermehrung erfahren, der Umfang des Buches erreicht