B. Referate. Urgeschichte.
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63. M. M. Vassits: Die neoiithische Station Jablanica bei Med-
iuluzie in Serbien. Archiv für Anthropologie, 1902. Bd.XXYII,
Heft 4. Mit Abb.
Jeder einzelne Fund aus dem Gebiete der Balkanhalbinsel ist von
hoher Bedeutung. Vermittelte doch dieselbe die Kulturfortschritte von Osten
und Westen, Norden und Süden. Um wievieles mehr erwecken unser Inter
esse ganze Stationen. Vassits legt uns in vorliegender Arbeit die Resultate
der Durchforschung einer solchen, die circa 50 km südlich von Belgrad
auf einem Hügel bei Jablanica liegt, vor. Von einem Gebiet von beiläufig
40 ha Grösse grub V. wohl nur 84 qm auf, jedoch mit ausserordentlich
glücklichem Erfolge. U. a. wurden nicht weniger denn 83 ganze und frag
mentierte Thonidole zu Tage gefördert, die u. a. abermals den Beweis
liefern, dass die ältesten uns bekannten Skulpturwerke nur das Weib zur
Darstellung gebracht haben. Jablanica kann durch diesen Fund hinsichtlich
der Zahl und Typen der Skulpturen, die auf einem und demselben Orte
gefunden worden sind, als die reichste derartige Fundstelle bezeichnet werden,
welche bis nun entdeckt wurde.
Was die Bolle anbelaugt, welche dieser Station als Bindeglied zwischen
Butmir im Westen, Troja und den übrigen Orten im Süden und Tordos
nnd Lengyel im Norden zukommt, so ist dieselbe eine wichtige zu nennen.
Was man schon längst suchte, die mannigfaltigen Verbindungen und gegen
seitigen Beziehungen zwischen allen den erwähnten Fundorten, ist damit zu
beweisen gelungen. — Wertvoll ist auch das Material an Schmuckgegen
ständen aus Thon und das keramische Material, welches in Bezug auf Typen
und Technik mit den Funden von Bos-öjuk in Kleinasien in engster Ver
bindung steht. Felix Milleker- Werschetz.
64. A. J. Evans: The Palace of Knossos. Provisional report
of the excavations for the year 1901. Animal of the British
School at Athens. No. VII, 1900—1901, 120 S.
Die Fortsetzung der Ausgrabung hat mit überaus günstigem Erfolge
vom 27. Februar bis 17. Juni stattgefunden. Abgesehen von einigen kon
servierenden Arbeiten wurde eine grössere Fläche des wider Erwarten aus
gedehnten Palastgebietes untersucht, wobei eine Anzahl Räume mit teilweise
recht interessanten baulichen Details wie Säulenstellungen und Treppen
freigelegt wurden, darunter auch Baderäume und Magazine mit vielen Pithoi.
Von Interesse sind Anklänge an die Minotaurus-Sage, wie man sie in Dar
stellungen stierköpfiger Menschengestalten auf Thonsiegeln und Gemmen
UQ d in dem Freskobild eines weiblichen Toreadors sehen kann. Auch die
Darstellungen von Doppeläxten auf einem Gefäss und an Wänden erinnern
an das mit diesem Sagenkreis verknüpfte Labyrinth (s. o. N. . . ). Ein