B. Referate. Urgeschichte.
369
und haben sich von dort aus nach den anderen Ländern, besonders auch
nach dem Norden, verbreitet.
Grosse Verwandtschaft mit den letztgenannten Typen zeigen gewisse
Dolche und Schwerter aus Eisen, die in dem berühmten Hallstätter Grab
felde zahlreich gefunden worden sind. Charakteristisch ist besonders der
Griff. Phantasiereichen Beobachtern fällt es nicht schwer, in demselben die
Darstellung eines Reiters mit emporgehobenen Händen zu erblicken. Der
eigentliche Griff repräsentiert dann den Leib des Reiters; die Griffflügei
bilden dessen Beine und zwischen den empor gestreckten Armen erscheint
ein Knopf, der bei jüngeren Typen wirklich die Form eines menschlichen
Kopfes annimmt. An einem derartigen Kurzschwert aus der Thielle (Schweiz)
erkennt man ganz deutliche Gesichtszüge und selbst der Haarschmuck ist
unverkennbar dargestellt. Sicher waren das nicht Waffen der nordischen
Söldner Karthagos, wie behauptet wurde, sondern Schwerttypen, die eben
falls in der Schweiz entstanden und auch sonst in Mitteleuropa benützt
worden sind.
Neben den Kurzschwertern der ersten Eisenzeit oder der Hallstatt
periode finden sich lange Waffen, die in Grabfunden jener Zeit nicht selten
zum Vorschein kommen. In der zweiten Eisenzeit erscheinen die La Tene-
Schwerter. Sie wurden aus weichem Eisen hergestellt und verbogen sich
leicht im Kampfe. Meist besitzen sie Scheiden aus dünnem Eisenblech, die
nicht selten Verzierungen aufweisen.
Das Früh-La Tene-Schwert, im vierten und dritten vorchristlichen
Jahrhundert in Gebrauch stehend, zeigt einen oben geraden Scheidenabschluss;
am unteren Ende dagegen finden sich häufig Verzierungen, die manchmal
hörner- oder flügelartige Gestalt annehmen. Die Schwertklinge ist, wie bei
allen La Tene-Schwertern, zweischneidig, oben mit einem Dorn versehen,
unten in eine ziemlich lange Spitze auslaufend.
Beim Mittel-La Tene-Schwert, der Zeit von 200 bis 50 v. Chr. an
gehörig, verkürzt sich die Spitze; die Scheide trägt unten fast keine Ver
zierungen mehr, weist dagegen oben einen geschweiften Bügel auf, dem der
Scheidenrand folgt. Manche dieser Schwerter tragen Fabrikmarken, Schmiede
zeichen. Unter den Scheidenverzierungen erscheint auch das Triquetrum.
Die Spät-La Tene-Schwerter zeigen oben den geraden Abschluss, haben
eine sehr kurze, abgerundete Spitze und führen oft Bronzescheiden, deren
zwei Blätter durch Querbänder zusammengehalten werden.
Am Schlüsse seines Werkes bespricht Naue noch einige Dolche und
Schwerter aus Sibirien, Kaukasien, Assyrien und Kreta. Eine chronologische
Übersicht über die verschiedenen Formen, Sach- und Tafel-Register sind
willkommene Beigaben.
Wenn ein Forscher wie Naue eine Arbeit darbietet, so darf man hoffen,
in derselben neue Gesichtspunkte aufgestellt und eine Anzahl wichtiger Fragen
24
Intern. Centralblatt für Anthropologie. 1903.