ß. Referate. Anthropologie.
335
bei den menschlichen Varietäten, welche besonders bei den mittelländischen
und eurasischen Schädeln auffallend ist. Als Beispiel führt er die Messungen
bei Juden an, welche Fishberg in New York ausgeführt hat; er fand unter
500 Männern und 215 Weibern eine mässige Brachycephalie, während die
Dolichocephalie äusserst selten war. Und doch sind die Juden den Semiten,
zu welchen die Araber, Phönizier u. a. gehören, und welche dolichocephal
waren, zuzuzählen. Man müsste demnach die Juden nicht als Semiten,
sondern — wie v. Luschan thut, — als Nachkommen der Hittiten oder Hethäer
ansprechen. Ähnliche Gesichtspunkte eröffnen sich bei Betrachtung der
Schädelformen der amerikanischen Mestizzen, bei welchen auch Boas eine
gewisse Plastizität nachgewiesen hat. Br. 0. v. Hovorka-Wien.
368. V. Giuffrida-Ruggeri: Superiorità intelettuale e funzione
genesica. Archivio di psichiatria, 1903. Voi. XXIV, S. 434
bis 436.
Veri, wendet sich gegen die von Richard aufgestellte Theorie, dass
der Mann seine Superiorität einzig und allein dem Umstande verdanke,
dass er mit der Erhaltung seiner Spezies weniger zu thun hat, als das
Weib, und dass infolgedessen die Intelligenz des Weibes mit der Zunahme
der Entbindungen, sowie mit dem vorzeitigen Zeitpunkte der Eheschliessung
bedeutend abnehmen müsse. Br. Oskar v. Hovorka-Wien.
369. Krauss: Über die Vererbung von Geisteskrankheiten. Allgem.
Zeitschrift f. Psychiatrie, 1903. Bd. LX, S. 224—231.
Das Darwinsche Gesetz der gleichmässigen Vererbung, d. h., dass
infolge der Vererbung bestimmte physiologische Zustände der Ascendenz
bei der Descendenz zur Erscheinung kommen, besitzt für die Formen der
Geisteskrankheiten keine Giltigkeit, wie die vom Verf. an dem Materiale
der psychiatrischen Klinik in Heidelberg und an der Irrenanstalt Kennen
berg angestellten Untersuchungen festgestellt haben. Verf. beschränkte die
selben nicht nur auf die Eltern und Kinder, sondern dehnte sie auch auf
Geschwisterkinder und dementsprechende Verwandtschaftsgrade aus, wobei
er von der richtigen Voraussetzung ausging, dass, wenn das Gesetz einer
vorwiegend gleichartigen Vererbung für Ascendenz und Descendenz gilt,
wie Vorster auch für Geisteskrankheiten festgestellt haben will, es in gleicher
Weise auch für Geschwisterpaare gelten müsse. Es fand sich gleichartige
Vererbung in 65% bei Eltern und Kindern, 67% bei Geschwistern und
nur 33 Vs% hei Geschwisterkindern. Es verschiebt sich somit das pro-
centuale Verhältnis der ungleichartig erkrankten Fälle sehr zu Ungunsten
der gleichartig erkrankten bei den entfernteren Verwandtschaftsgraden.
Die Untersuchungen stellten ferner eine überwiegende Zielstrebigkeit
im Sinne einer Degenerescenz der Krankheitsform im Vergleiche zu den