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B. Referate. Anthropologie. — Ethnologie.
Ermordung seines tyrannischen Arbeitgebers beteiligt haben. Cz. selbst
war als Kind gesund, aber stets ruhig und zeigte wenig Interesse für Gleich
altrige. Auch später zeigte er stets schüchternes Wesen, sodass der Yater
es unerklärlich fand, wie der scheue Jüngling einer solchen That fähig ge
wesen sei. Er war stets fleissig und bei seinen Mitarbeitern beliebt. 1898, im
Alter von 25 Jahren, verliess er seinen Dienst, weil er krank sei. Er lebte
seitdem bei seiner Familie und verbrachte die Zeit mit Lesen, Schlafen und
Träumen; seine Mahlzeiten kochte er sich selbst und verzehrte dieselbe auf
seinem Zimmer. Mit Anarchisten hatte er wenig Verbindung. Nimmt man
seine Äusserung nach der Verhaftung hinzu, er sei Anarchist und habe den
Präsidenten ermordet, um das Volk zu befreien, und berücksichtigt man,
mit welcher Zähigkeit er stets davon sprach, dass er seine Pflicht und nur
seine Pflicht gethan habe, so drängt sich unabweisbar die Vorstellung auf,
dass es sich bei Cz. um eine durch Wahnideen gekennzeichnete Krankheit
gehandelt hat.
Unserem Erachten nach deutet die Darstellung des Verf. auf einen
Prozess fortschreitenden Schwachsinns bei Cz., auf sog. primären Schwach
sinns, im speziellen auf Dementia paranoides hin.
Die ausführliche Analyse des Falles Cz. leistet der Kriminalpsychologie
grosse Dienste. Dr. H. Laufer-Giessen.
II. Ethnologie.
A. Allgemeines.
315. L. Weltmann: Politische Anthropologie. Eine Untersuchung
übei den Einfluss der Descendenztheorie auf die Lehre von
der politischen Entwickelung der Völker. Eisenach und
Leipzig, Thüringische Verlagsanstalt, 1903. (S. 326.)
Sowie der Einzelorganismus den allgemein geltenden biologischen
Naturgesetzen unterliegt, ebenso ist die biologische Geschichte der Menschen
rassen und Staaten den Gesetzen der Veränderung und Vererbung, An
passung und Auslese, Inzucht und Vermischung, Vervollkommnung und
Entartung unterworfen. In diesem Sinne unternimmt es W., eine natur
wissenschaftliche, begründete Theorie der politischen Völkergeschichte auf
zustellen und versucht sie nach der evolutionistischen, biologischen und
anthropologischen Richtung hin zu stützen. Er geht von der natürlichen
und geschlechtlichen Zuchtwahl aus, indem er unter Betonung der Wichtigkeit
der primären und sekundären Geschlechtscharaktere bei der Vererbung die
Faktoren der organischen Entwickelung analysiert. Zu den wichtigsten Ver
erbungserscheinungen ist wohl die Amphimixis zuzuzählen, d. h. die Ver
mischung zweier verschiedener Individual- oder Rassentypen; sie ist eine
der wichtigsten Quellen der Variation, durch welche die Naturzüchtung neue