B. Referate. Urgeschichte.
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dass mitunter der Schädel im Becken liegt, während die anderen Körper
knochen dabei liegen; wir müssen hieraus schliessen, dass die Leiche
sitzend bestattet wurde.
Die Knochen der Skelette sind oft gefärbt, d. h. mit gelber oder
rotbrauner Farbe bedeckt. Der Verfasser meint, dass vor der Bestattung
das Fleisch von den Knochen entfernt wurde und die Knochen mit dem
Farbstoff dicht bestreut wurden (1. c. p. 134).
In Betreff der Körpergrösse ist zu schliessen, dass die Kimmerier
gross von Wuchs waren. Nach den Messungen Stempkowskis an 129
Skeletten you Tiraspol zeigt die Mehrzahl der Skelette eine Grösse Yon
2 Arschin, 8 W. (ca. 1750 mm). Von Kleidung haben sich nur die Reste
wollener Gewänder und die hölzernen Sohlen der Schuhe erhalten. Das
Gewand ist durch Gürtel befestigt worden, die mit metallenem, noch erhalten
gebliebenen Schmuck ausgestattet waren. An Schmucksachen sind zu
nennen: Halsketten aus an einander gereihten Tierzähnen und kleinen Vogel
knochen, bunte Perlen, ferner spiralig gedrehte Ringe aus Silber und Kupfer,
offenbar zum Schmuck des Haares u. s. w.
An Geräten sind bei den Skeletten gefunden: verschiedene Gefässe
und zwar zweierlei 1. schwarze Gefässe von grober Arbeit, schwach
gebrannt, ohne Hülfe einer Töpferscheibe gefertigt; 2. Gefässe von schöner
Form aus besonderem Thon, auf einer Töpferscheibe gearbeitet. Ausserdem
findet man eiserne Messer, Nadeln und dergl.
Von Waffen sind nur Pfeile und Lanzenspitzen aus Feuerstein
und Kupfer entdeckt, ein kupferner Dolch ist zufällig gefunden.
In dem sandigen Gebiet des linken Dnjeprufers gegenüber der (rechts
gelegenen) Stadt Cherson, sowie im Gebiet der in der Fortsetzung des linken
Ufers sich weit ins Meer hinaus erstreckenden Landzunge von Kinbura
findet man Scherben von allerlei Gefässen, Menschen- und Tierknochen.
Was für Leute hier gelebt haben, ist nicht zu bestimmen.
Es unterliegt für den Verfasser keinem Zweifel, dass im ganzen
(heutigen) Gouvernement von Cherson Kimmerier gewohnt haben. Er meint
aher, dass auch in dem benachbarten Landgebiet (Gouvernements Bessarabien,
Podolien, Kiew, Poltawa u. s. w. bis zum Don und Kaukasus) sich das
Wohngebiet der Kimmerier erstreckt habe; er gründet seine Ansicht auf
eine Abhandlung von Spizz.
Wann die Kimmerier hier am schwarzen Meere gelebt haben, woher
das Volk gekommen, ob das Volk erst hier mit den Metallen bekannt
"wurde und ob es hier auf ein älteres Volk stiess — alle diese Fragen
sind noch nicht zu beantworten. Stieda-Königsberq.