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B. Referate. Ethnologie.
Träume. In 13 Beobachtungen wurden eine bevorstehende Krankheit durch
Träume kundgethan. Die Träume wiesen auf den Sitz der körperlichen
Krankheit durch die illusionär gedeuteten Organempfindungen hin. Folgende
Erkrankungen kündeten auf diese Art ihre Inkubation an: Meningitis, zwei
mal Angina, eitrige Otitis, hohes Fieber (ohne sichere Diagnose), typhoides
Fieber, akute Bronchitis, Synkope, hartnäckige Obstipation, Croup, Erfrierung,
schwere Dyspepsie, Orchitis. Der diagnostische Wert solcher Träume für
den Arzt kann trotz gegenteiliger Angabe der Verf. nur gering geachtet
werden; hingegen sind sie psychologisch ausserordentlich wertvoll.
Dr. Laufer-Grafenberg-Düsseldorf.
20. Aug. Loewenstimm: Eid und Zeugnispflicht nach den An
sichten des Volkes. Archiv für Kriminal-Anthropologie und
Kriminalistik, 1901. Bd. VII, S. 191—212.
Bringt wertvolle Mitteilungen über das russische Rechtsleben in Bezug
auf Eid und Zeugnispflicht, indem Verfasser die verschiedenen Bräuche in
Bezug auf diese bei den verschiedenen Völkern Russlands (besonders bei
den Kaukasusvölkern) einer eingehenden Betrachtung und Zusammenstellung
unterzieht und so treffliche Beiträge und Vermehrungen zu den grossen
Arbeiten Posts und Steinmetz’ liefert. Gleichzeitig knüpft Verf. Folgerungen
daran, wie das russische Recht diesbezüglich zu ändern wäre, um allen
Völkerschaften in Bezug auf ifire Bräuche einigermassen gerecht zu werden.
Der Aufsatz ist sonst hauptsächlich Materialiensammlung.
E. K. Blüniml- Wien.
21. Havelock Ellis: Geschlechtstrieb und Schamgefühl. Äutoris.
deutsche Übersetzung v. Julia E. Koetscher unter Redaktion
v. Dr. Max Koetscher. 2. unveränderte Auflage. Würzburg,
A. Stübers Verlag, 1901. 364 Seiten.
Der vorliegende Band enthält drei Beiträge zu einer Analyse des
geschlechtlichen Instinktes aus der Feder des durch verschiedene andere
Arbeiten über die Geschlechtsverhältnisse genügend bekannten englischen
Psychiaters.
In der 1. Studie (S. 1 — 73) beschäftigt sich Verf. mit der Entwicklung
des Schamgefühls. Schamgefühl definiert er als instinktive Furcht, die zur
Verheimlichung, zum Verbergen treibt. Zwar ist diese beiden Geschlechtern
eigen, indessen tritt sie beim Weibe viel stärker in Erscheinung als beim
Manne, sodass man das Schamgefühl als eins der wichtigsten sekundären
Geschlechtscharaktere des Weibes auf psychischem Gebiete ansehen kann.
Wie an zahlreichen Beispielen gezeigt wird, ist das Schamgefühl eines
der ursprünglichsten Gefühle. Es setzt sich zwar aus einer Anhäufung von
Furchtgefühlen zusammen, hauptsächlich aber machen es zwei deutliche und