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B. Refei'ate. Ethnologie.
eine gewisse Wahlfreiheit gelassen wird. Aber bei den meisten Stämmen
kauft sich jeder so viel Weiber, als es seine Mittel gestatten, sodass, trotz
der Überzahl der Frauen, doch in ganz Afrika ein gewisser Mangel ein
getreten ist, und die weniger Bemittelten auf den Tod eines reicheren
Mannes warten müssen, um Weiber sich anzuschaffen. Unsere europäischen
Ideen über Tugend finden dort wenig Beifall: es ist üblich, dass, wenn ein
vornehmer Reisender einen Stamm besucht, der Fürst ihm seine Gastfreund
lichkeit dadurch beweist, dass er ihm die schönste seiner Töchter für die
Nacht überlässt. Diese Sitte wird uns weniger sonderbar erscheinen, wenn
wir uns erinnern, dass wir in Europa unsere Gäste nicht besser zu empfangen
wissen, als indem wir sie zu einem Ball oder einem grossen Diner einladen,
wo unsere Frauen und Töchter in möglichst aufregender Dekolletierung er
scheinen. Die Mode ist weniger patriarchalisch, als bei den Negern, im
Grund hat sie aber doch denselben Sinn. Dr. L. Laloy-Bordeaux.
263. W. L. H. Duckworth: Craniologica! notes on the aborigines
of Tasmania* Journal of the Anthropological Institute, 1902.
Vol. XXXII, S. 177—181.
Verf. beschreibt einen Schädel, zwei Unterkiefer, eine Calvaria, ein
Vorderstück nebst Gesicht ohne Unterkiefer. Unter den überhaupt in Be
tracht kommenden drei Exemplaren ist bei zweien eine fronto-squamosale
Verbindung vorhanden, bei dem dritten ist die spheno-parietale Naht sehr
kurz. Im allgemeinen weichen die beschriebenen Schädel nicht von den
bekannten ab. Die Tasmanierschädel zeigen lediglich Steigerungen der für
Australier charakteristischen Merkmale, unter denen Verf. die folgenden auf
führt: Kapazität, postorbitale Einziehung des Frontale, glabellare Prominenz,
flache aufgestülpte Nasenbeine, weiten Naseneingang, Prognathie, Macrodontie,
kleine Proc. mastoidei, flache Kontour der Schläfenschuppe, kurze Nasen-
Thränenbeinnaht, Torus occipitalis, u. s. w. Als erheblichen Unterschied
nennt Verf. die geringere Länge des tasmanischen Schädels, die wohl mit
der geringeren Körperlänge in Beziehung steht, da bei kleinen Rassen die
höheren Grade der Dolichokephalie nur ausnahmsweise erscheinen. Danach
sind die nächsten Verwandten der Tasmanier die Australier, neben denen
weder eine andere Rasse, noch etwa Pygmäen in Frage kommen.
G. Thilenius-Breslau.
264. Jules Garnier: Vocabulaire des indigènes de l’Australie
occidentale. Bull, de la Soc. Neuchâtel, de géographie.
1902. Tome XIV, S. 247—251.
Das vorliegende Vokabular wurde durch den Verf. von einem prote
stantischen Katecheten, Namens Dagenbat, zu Coolgardie (Dialekt von Cool-
gardie und Dialekt der Espérance Bay) gesammelt. Um einen Vergleich