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B. Referate. Anthropologie.
240. J. Travers: Internationales Verbrecher-Album. Nur zum
diskreten Dienstgebräuche für Beamte bestimmt. Mainz 1902,
Selbstverlag des Herausgebers.
Wenngleich das vorliegende Album eigentlich nur zum praktischen
Gebrauche für Kriminalbeamte bestimmt ist, insofern es den mit Strafver
folgung und Strafjustiz befassten Behörden ein Hilfsmittel bieten soll, um
die Verhaftung flüchtiger, noch steckbrieflich verfolgter Delinquenten zu er
leichtern und raschen Aufschluss zur Ermittlung der Identität solcher Indi
viduen zu geben, so dürfte es auch für den Kriminalanthropologen von
wissenschaftlichem Interesse sein. Es bringt 502 bald besser, bald weniger
gut ausgeführte Porträts von Delinquenten der verschiedensten Länder
(1. Mörder, 2. Räuber, Einbrecher und Diebe, o. Taschendiebe, 4. Fälscher,
Betrüger und Defraudanten, 5. Post- und Amtsdefraudanten, 6. Hochstapler,
7. Sittlichkeitsverbrecher, 8. sonstige Delinquenten, 9. weibliche Delin
quenten), welche in den Jahren 1894—1902 in dem vom selbigen Ver
fasser, Polizeirat und Polizeiamtsvorstand in Mainz, herausgegebenen „Inter
nationalen Kriminal-Polizeiblatte“ veröffentlicht worden sind. Jeder Ab
bildung ist am Schlüsse des Werkes eine kurze Lebensgeschichte, bezw.
auch eine Schilderung des Äusseren des betreffenden Delinquenten beigegeben.
Unterzieht man das reiche Material einer Durchsicht, dann wird man
allerdings manchen Verbrecher auf den ersten Blick herauserkennen, da er
die von Lombroso aufgestellten Stigmata in augenspringender Weise dar
bietet, auf der andern Seite aber auch wieder eine ganze Reihe von Typen
darin finden, die in ihrem Äussem absolut nichts darbieten, was sie zum
Delinquenten stempeln würde.
Für das Studium der Verbrecherphysiognomie sei das Album bestens
empfohlen. Buschan-Stettin.
241. Alexander F. Chamberlain: Work and Rest: Genius and
Stupidity. Populär Science Monthly, 1902, March, S. 413—23.
In diesem Essay, das mehr eine tiefe Wahrheit ahnen lässt als sie
beweist, und das darum als wissenschaftliches Essay bezeichnet werden mag,
zeigt Verf. an einer Reihe von Beispielen für das Leben des Tieres, des
Kindes, der Frau, des Genies, des Verbrechers, des primitiven Menschen,
des Volkes und der Rasse, dass mit Gesetzmässigkeit kurze Perioden der
Arbeitsleistung, meist sogar intensiver physischer wie geistiger Arbeits
leistung abwechseln mit sehr langen, unverhältnismässig langen Zeiten der
Ruhe und Unthätigkeit. Kurz, Verf. will den volkstümlichen Glauben recht-
fertigen, dass ein Tag so gut sei wie drei, und eine Stunde ganze Jahre
aufzuwiegen vermöge. Die Beispiele sind gut gewählt, aber nicht alle stich
haltig; so erscheint es z. B. mindestens gewagt, den Zuchthausknall als eine
erhöhte Arbeitsleistung der Verbrecheq^syche anzunehmen. Auf Grund seines