B. Referate. Ethnologie.
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knochen eines Erwachsenen und Unterkiefer eines Kindes). Da Holmes den
Keller schon mit Früchten gefüllt und deshalb für Untersuchung der geologischen
Zugehörigkeit seiner Wände ungeeignet vorfand, wurde im Oktober 1902
ein neuer Stollen in das Gestein getrieben. Das Ergebnis der Untersuchung
war, dass die Ablagerungen, in denen jene Menschenreste lagen, nicht aus
der Glacialzeit stammten, sondern dass sie in verhältnismässig neuer Zeit
lössartig sich gebildet haben; ihr Alter ist wohl eher nach hunderten, als
nach tausenden von Jahren zu schätzen. (Für Holmes steht es von vorn
herein fest, dass der Mensch während der Eiszeit, oder auch nur am Ende
derselben, in Amerika noch nicht existiert hat.) Mit der Annahme eines
verhältnismässig jungen Alters stimmt nach Holmes auch das verhältnismässige
frische Aussehen der Skelettreste und ihre grosse Formähnlichkeit mit den
Schädeln historischer Indianerstämme. Die wichtigeren Merkmale des Schädels
(an dem das Gesicht fehlt) sind: feste, harte, dünne Knochen, mässige
Zähnelung der Nähte; fünfeckige Form der Vertikalansicht, vortretende Scbeitel-
beinhöcker, schmales Hinterhaupt, ziemlich kräftige Glabella und Augen
brauenwülste, hohes Scheitelgewölbe, kräftiges Vorspringen des Hinterhaupts.
Mastoidfortsätze nicht sehr kräftig. Das Individuum war wahrscheinlich
40—50 Jahre alt und männlich; die grösste Länge — 188 mm, grösste
Breite 138 mm, Schädelindex 73. Im allgemeinen gleicht der Schädel auf
fallend dem der heutigen Blackfoot-Indianer. p ro f. Emil Schmidt-Jena.
204. George A. Dorsey: The Osage mourning-war ceremony.
American Anthropologist. N. S. 1902. Vol. IV, S. 404 ff.
Verf. beschreibt nach eigener Anschauung die Kriegstrauer-Feier bei
den Osagen. Bei diesen muss der Geist jedes Verstorbenen durch Opferung
ei nes feindlichen Skalps auf dem Grabe versöhnt werden und zwar liegt
dies den näheren Verwandten ob; dieser Opferung müssen gewisse Ceremonien
(Kriegstänze) vorhergehen. Vier Tage lang dauert diese Feier: der früher
unbedingt zum Opfer nötige Menschenskalp wird jetzt durch Menschenhaar,
■ der zur Gewinnung des Skalps früher vorgenommene Kriegszug durch eine
Hirschjagd ersetzt. Prof. Emil Schmidt-Jena.
205. J. Walter Fewkes: Minor Hopi Festivals. American Anthro
pologist. N. S. 1902. Vol. IV, S. 482 ff.
Die jetzt ganz friedlichen Pueblo-Indianer hatten bis zur Mitte des
vorigen Jahrhunderts beständig von kriegerischen Raubzügen der Utes, Apachen
Un d Navahos zu leiden; die Erinnerung an jene schweren Kämpfe lebt noch
jetzt in gewissen Kriegsfesten fort, die zu gewissen Zeiten mit altgeheiligtem
Ritus gefeiert werden. Verfasser, einer der besten Kenner des Volkslebens
der Pueblo-Indianer, beschreibt aus eigener Beobachtung ein solches von
den Hopi-Indianern gefeiertes Fest, sowie ein kleines, von den • Hopi aus