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B. Referate. Ethnologie.
1. Anzeige von Zeitschriften, Bibliographie etc. II. Linguistik. III. Slavische
Literaturgeschichte bis zur Hälfte des XIX. Jahrhunderts. IX. Ethnologie
(allgemeine und einzelner slavischer Völker). V. Altertümer. VI. Baltische
Philologie. Der von Prof. Dr. Niederle redigierte V. Teil (Atertümer)
enthält Anzeigen von 1. Zeitschriften und Schriften allgemeinen Charakters.
2. Schriften über die ethnologische Entwicklung und die Anfänge der Ge
schichte der Slaven. 3. Archäologische Funde und 4. Arbeiten, die sich
auf die altslavische Kultur beziehen.
Obzwar die wichtigen Erscheinungen auf den betreffenden Gebieten
auch in anderen Zeitschriften und Arbeiten (z. B. Jagics Archiv für slav.
Philol.) Berücksichtigung finden, entbehrte doch die Slavistik als Gesamt
wissenschaft bisher eines einheitlichen, bibliographischen Organes. Aber nicht
bloss von diesem Standpunkte aus, sondern auch wegen der gewissenhaften
Durchführung hat dieses Unternehmen für das Studium der Sprache, Urge
schichte, Entwicklung und Kulturgeschichte der Slaven eine grosse Bedeutung,
die auch schon dadurch anerkannt wurde, dass die Publikation mit Unter
stützung der Kais. Akademie der Wissenschaften in Peterburg, der böhin.
Akademie der Wissenschaften in Prag und des k. k. Unterrichtsministeriums,
in Wien erscheint. Dr. JET. Mat iegka-Prag.
190- Eduard Boguslawski: Methode und Hilfsmittel der Erforschung
der vorhistorischen Zeit in der Vergangenheit der Slaven.
Vom Verfasser vermehrte deutsche Ausgabe. Aus dem
Polnischen übersetzt von Waldemar Osterloif. Berlin,
Hermann Costenoble, 1902.
Unter dem anspruchsvollen Titel verbirgt sich eine Streitschrift gegen
die „berliner-österreichische Schule“ (!), die sich gegen das vom Verfasser
schon in seiner „Geschichte der Slaven“ behauptete Urslaventum in Mittel
europa ablehnend verhält. Seine Beweisführung ist ein zitatengespickter
Galimathias von sprachwissenschaftlichen, historischen und archäologischen
Hypothesen, die mit ebensoviel Selbstbewusstsein wie Mangel an Kritik
und Sachkenntnis als unumstössliche Thatsachen verkündet werden. Ein
näheres Eingehen auf den Inhalt wäre Raumverschwendung. Für den sprach
lichen und ethnographischen Teil sei auf die gründliche Besprechung im
Globus (Bd. LXXXII, Nr. 15, S. 239 ff.) verwiesen. Für den archäologischen
Teil begnüge ich mich mit einigen Anführungen. Dass die Schläfenringe
ein Kennzeichen slavischer Bevölkerung sei, bestreitet B. (S. 55): „Die
Slaven trugen nie einen solchen sonderbaren Kopfputz“. Er verschweigt
aber, wie das typische Vorkommen der Schläfenringe in rein slavischen
Gegenden anders zu erklären und in Einklang mit seiner eigenen Theorie
zu bringen ist. Die Runenschrift ist eine Erfindung der Wenden (S. 58).
Ebenso haben diese die Hallstattkultur und die „lausitzer-schlesische“ Kultur