B. Referate. Anthropologie.
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8. William C. Krauss: Heredity — with a study of the statistics
of the New York State Hospitals. Americ. Journ. of Insanity,
1902. Vol. LVIII, Nr. 4. f
Statistische Zusammenstellungen über die erbliche Belastung bei den
Insassen der Irrenanstalten des Staates New York für die Jahre 1888 bis
1900. Belastung von mütterlicher Seite ist etwas häufiger als von väter
licher sowohl für die Psychosen, wie für die organischen familiären Krank
heiten des Nervensystems. J)r. Warda-Blankeriburg (Th.).
9. Wilhelm Strohmayer: Über die Bedeutung der Individual
statistik bei der Erblichkeitsfrage in der Neuro- und Psycho
pathologie. Münch, med. Wochenschrift 1901, Nr. 45 u. 46.
Diese Abhandlung giebt ein gutes Bild von den Schwierigkeiten, denen
die Hereditätsstatistik unterworfen ist. Wenn auch die Möglichkeit, aus
unseren bisherigen Kenntnissen über psychopathologische Vererbung Gesetze
abzuleiten, von Str. bestritten wird, so betont er doch die Thatsache der
Vererbung als ätiologischen Moments für die Entstehung von Nerven- und
Geisteskrankheiten. Str. verteidigt den „Stammbaum“ gegen die „Ahnen
tafel“ und wendet sich gegen den Versuch, in der Ahnentafel das Quantum
der pathologischen Vererbung generationenweise rechnerisch zu bestimmen.
— Verf. hat die Stammbäume von 56 Familien mit 1338 feststellbaren
Mitgliedern gesammelt. Neben der Polymorphie der Vererbung findet Str.
auch exquisit gleichartige Vererbungstendenzen namentlich für Melancholie,
Manie, Hypochondrie, ferner Epilepsie, habituellen Kopfschmerz und Migräne,
dann Chorea, Hysterie, Alkoholismus, im Rahmen des Alkoholismus be
sonders die arteriosklerotischen Hirnerkrankungen. Auch eine vollständige
„Erschöpfung“ der erblichen Belastung kommt vor, ohne dass eine Kreuzung
mit V ollblut oder sonstige artaufbessernde Massnahmen ersichtlich waren.
Von den ätiologischen Faktoren der psychopathischen Degeneration ist am
wichtigsten der Alkoholismus; merkwürdigerweise ist nach dem Materiale
von Str. die Bedeutung der Syphilis sehr gering, die Tuberkulose scheint
gelegentlich die Verschlechterung des Stammes rapid zu beschleunigen. —
Mit Recht wendet sich Verf. gegen die Diathesenlehre von Crocq.
Verf. fürchtet, dass die ätiologisch-klinische Forschung in der Neuro-
und Psychopathologie das entscheidende Wort in dem Streite, ob nur ererbte
oder auch erworbene Charaktere vererbbar sind, nicht sprechen wird, weil
Sle a n den Hemmnissen räumlicher und zeitlicher Beschränkung, absichtlicher
Täuschung und menschlichen Irrtums erlahmen muss. •
Dr. War da-Blankenburg (Th.).