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B. Referate. Urgeschichte.
Jedes Grab enthält in der Regel zwei Skelette: ein männliches und
ein weibliches; nur eines machte davon eine Ausnahme. In zwei Fällen
war ausserdem ein ganz junges Kind mit beerdigt. Die Frau muss zur
selbigen Zeit als der Mann begraben worden sein, denn sonst hätte eine
Nachbestattung das männliche Skelett in Unordnung gebracht, was nicht
der Fall ist. Ob es sich um Selbstmord oder um Tötung der Frau dabei
gehandelt hat, lässt sich nicht sagen. Die Frage wird überdies durch die
Anwesenheit der zwei, höchstens 5 bis 6 Jahre alten Kinder noch
komplizierter.
Diese Rasse war niederen Wuchses. Dr. Schenck hat einen Mittelwert
von 1,60 m für die Männer, 1,50 m für die Frauen berechnet. Seine
anthropologischen Beobachtungen werden später veröffentlicht werden. Die
aufgefundenen Gegenstände sind nicht zahlreich. Sie gehören alle der
mittleren neolithischen Zeit an, sodass die Grabstätte älter als das Jahr
2000 vor J. C. ist. Die Weiber tragen öfters Halsringe aus Muscheln,
die von dem Mittelmeer herstammen; Eberzähne fanden sich manchmal auf
der Brust der männlichen Skelette. Sie waren lamellenförmig und bildeten
drei Reihen von je zwölf Lamellen, sodass eine Art Panzer dadurch ge
bildet war, der aber eher zum Schutz wie als Zierrat gedient haben dürfte.
Die anderen Gegenstände sind mit den früher beschriebenen identisch.
Dr. L. Laloy-Bordeaux.
107. J. Niiesch: Neuer Fund von Pygmäen aus neolithischer Zeit.
2. Neue Grabungen und Funde im Kesslerloch bei Thayngen,
Kt. Schaffhausen. Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde.
1900. N. F. Bd. II, S. 1—3 u. 4—10.
Ermutigt durch seine Erfolge im Schweizersbild hat der Verfasser die
ältern Funde in der Grabhöhle Dachsenbühl nochmals geprüft und gefunden,
dass auch da Pygmäen begraben lagen. Ausserdem hat er den Schutt vor
dem südl. Eingang des Kesslerlochs teilweise durchgraben lassen und eine
Anzahl interessanter Funde gemacht, besonders auch Reste des Mammut. Er
hält die Niederlassung im Schweizersbild für etwas älter, als diejenige im
Kesslerloch. J. Heierli-Zürich.
108. R. Ulrich: Das Gräberfeld von Cerinasca-Arbedo. Anzeiger
für Schweiz. Alterutmskunde, 1899. N. F. Bd.I, S. 109—119
und 173—180 mit 6 Tafeln.
Das Schweiz. Landesmuseum hat in den letzten Jahren eine sich
immer noch mehrende Fülle von Gräberfunden aus dem Kt. Tessin erworben,
sodass es die prähistorischen Verhältnisse im Süden der Schweiz geradezu
glänzend repräsentirt. Es ist ein Spezialzweig der norditalischen Kultur,
der uns besonders in den Gräberfeldern bei Bellinzona entgegentritt, so in