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„Von den Einwohnern“
Alltagsdarstellungen im Spiegel des Reiseführers
Von Burkhart Lauterbach, München
L Von Reiseführern
Der Tourismus ist weltweit immer noch eine der Wachstumsbranchen über
haupt, was — auf der Ebene der Reisenden — nichts anderes bedeutet als: immer
naehr Menschen reisen immer öfter, zu nahen wie auch zu immer entfernteren Zie-
Rm Zum Zweck der Reisezielfindung nehmen sie Reiseberatungsangebote wahr;
u nd nicht nur vor Ort nutzen sie unterschiedliche touristische Informationsstellen
u nd -quellen. Werden sie — was gar nicht so selten vorkommt — von diversen
Agenturen der Tourismusforschung nach ihrem Verhalten, nach ihren Wünschen
°der Vorstellungen befragt, so geben sie — „in Übereinstimmung mit dem domi-
ni erenden, fast schon einseitigen Angebot der Touristikindustrie — immer wieder
den Besuch historischer Sehenswürdigkeiten und Baudenkmäler an. Darüber hin-
aus möchten sie schöne Landschaften und fremde Länder sowie die dort lebenden
Alenschen und ihre Sitten kennenlernen“. 1
Für seine 1988 erschienene Publikation über den bundesdeutschen Reiseführer-
^darkt führte Albrecht Steinecke im Sommer 1987 eine Befragung unter 120
Reiseführer-Verlagen durch, in deren Rahmen er auch die Präge stellte: „Was sind
na ch Ihrer Meinung die wichtigsten Merkmale eines guten Reiseführers?“ Den
Antwort-Nennungen „Übersichtlichkeit“ (14,4 Prozent) und „Aktualität“ (11,3
Prozent) folgte bereits an dritter Stelle die Nennung „Vermittlung von Land und
Leuten“ (10,6 Prozent), abzulesen etwa an der Antwort: „Außer den beschriebe-
rien Deutungen von Sehenswürdigkeiten aus Geschichte, Kultur und Kunst des
Landes sollten Streben und Leben der derzeitigen Bewohner in Politik, Wirtschaft
u nd Gesellschaft dargestellt werden”. 2 Steinecke hat darüber hinaus eine Inhalts-
a nalyse von 102 Reiseführer-Rezensionen durchgeführt, die im Laufe des Jahres
1986 im Reiseteil der Prankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckt worden waren.
Ls ging ihm darum, die Merkmale eines guten Reiseführers aus der Sicht der Re
zensenten zu ermitteln. Der Befund fiel ähnlich aus wie bei der Verlags-Befragung:
Zentral und unumstritten war das mit entsprechenden Zitaten belegte Merkmal
^Verständnis für andere Länder und Kulturen wecken“ 3 , was perspektivisch ein
stig mit den obengenannten Ergebnissen der direkten Touristen-Befragung korre
Axel Braun: Länderkundliche Interpretation. Eine neue Aufgabe für die Geographie im Freizeit-
und Tourismusbereich, in: Tourismus als Berufsfeld. Handlungskompetenzen für Freizeitberufe
im touristischen Bereich. Hrsg. v. d. Projektgruppe „Touristiker“ an der Universität Bielefeld.
Frankfurt am Main 1982, S. 108-129, hier S. 114/115.
Albrecht Steinecke: Der bundesdeutsche Reiseführer-Markt. Leseranalyse — Angebotsstruktur —
Wachstumsperspektiven. Starnberg 1988, S. 31.
3 Ebenda, S. 37.