Mit besonderer Berücksichtigung der Ethnologie, der Kulturberhältnisse
und des Welthandels.
Begründet von Karl And ree.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Emil Deckert.
Braunschweig
Jährlich 2 Bände a 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten
zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen.
1888.
Die Weltkarte des Castorins (die sog. Peutinger'sche Tafel).
Von Dr. A. Oppel.
Unter den uns erhalten gebliebenen, aus die Geographie
bezüglichen Denkmäler des klassischen Alterthums nimmt die
bisher unter dem Namen der „Tabula Peutingeriana“
angeführte kartenähnliche Darstellung des römischen Welt
reichs und einiger Nachbargebiete, wenn nicht die erste, so doch
eine höchst hervorragende und jedenfalls durchaus eigenartige
Stellung ein. Zwar kann sie, im vollsten Sinne des
Wortes, nicht als ein Original bezeichnet werden, denn
dieses selbst ist verloren gegangen, und wir besitzen nur eine
einzige, theilweise verstümmelte Abschrift, welche wahrscheinlich
aus dem elften oder zwölften Jahrhundert herrührt und
sich gegenwärtig in der kaiserlichen Bibliothek zu Wim, als
einer deren werthvollsten Schätze, befindet. Wesen und
Geschichte dieser für die alte Geographie hochwichtigen Ur
kunde sind so anziehend und merkwürdig, daß wir es uns
nicht versagen können, an dieser Stelle etwas näher darauf
einzugehen. Die nächste Beranlassung dazu gab der Umstand,
daß vor Kurzem ein Facsimile I der Tafel nebst einleitendem
Texte erschienen ist. Zugleich benutzen wir die Gelegenheit,
einmal um diese wohlgelungene und wohlfeile Ausgabe allen
Bctheiligten aufs Wärmste zu empfehlen, sodann um der
Verlagshandlung und dem Herausgeber für ihre Leistung
die verdiente Anerkennung auszusprechen, insbesondere dem
letzteren, der es sich hat angelegen sein lassen, den ganzen
i) Weltkarte des Castorins, genannt die Peutinger'sche
Tafel, in den Farben des Originals herausgegeben und eingeleitet
von Tr. Konrad Miller, Professor am Realgymnasium in
Stuttgart. Ravensburg, Otto Maier, 1888. 6 Mark.
Globus LIII. Nr. 19.
Stoff mit aller Sorgfalt durchzuarbeiten und alle wesent
lichen Gesichtspunkte in ausführlicher und fachlicher Weise
zu erörtern; ihm gebührt unter anderem auch das Verdienst,
den oben angeführten Namen des Verfassers der Tafel wenn
auch nicht zuerst gefunden, so doch dessen Berechtigung nach
gewiesen zu haben. Miller's Aufstellungen und Erörte
rungen sind es, die in den Hanptzügen, jedoch in anderer
Anordnung, wiedergegeben werden sollen.
Woher kommt der Name „Peutinger'sche Tafel?" wird
man fragen. Durch einen Zufall heißt sie so, lautet die
Antwort. Der erste nachweisliche Besitzer war nämlich nicht
der Augsburger Nathsschreiber Konrad Peutinger (1465
bis 1547), sondern dessen Freund und Zeitgenosse Konrad
Celtes (1459 bis 1508). Dieser, bekannt als Humanist
und Bibliothekar Maximilian'« I., hatte das merkwürdige
Werk auf einer seiner zahlreichen Reisen, die er im Aufträge
seines Herrn zum Zwecke der Aufsuchung wichtiger Schrift
werke unternahm, gefunden: wo? läßt sich mit Bestimmtheit
nicht feststellen. Fünf Orte nämlich werden dafür genannt,
daß sich in ihren Bibliotheken der kostbare Schatz befunden
habe; diese sind Worms, Speyer, Colmar, Tegernsee und
Basel, und unter ihnen scheint Colmar die meiste Anwart
schaft auf das ursprüngliche Besitzrecht zu haben. Auch die
Art, wie Celles die in ihrer Art einzige Handschrift erwarb,
ist nicht aufgeklärt; keinesfalls liegt Grund zu der von
mehreren Seiten erhobenen Anschuldigung vor, daß er das
Werk seinem Auftraggeber in unrechtmäßiger Weise vorent
halten habe. Genug, Celtes brachte das „Itinerai'ium
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