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Volltext: Globus, 53.1888

Ulis besonderer Herürksichtrgung der Ethnologie, der Kulturberhältnrsse 
und des Melthnndels. 
Begründet von Karl Andrer. 
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben van 
Dr. Emil Deckert. 
Braunschweig 
Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 
zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen. 
1888. 
Geschichtliches über die Bangala, Lunda und Kroko. 
Von Cnrt vo 
Geschichte eines wilden Naturvolks. So manchem mögen 
hierbei Bedenken aufsteigen. Biele meiner Leser werden 
fragen: „Kann man denn bei einem Bolle, das noch im 
frühesten Stadium der Kultur-entwickelung steht, von Ge 
schichte sprechen? Giebt cs denn bei den Völkern Jnner- 
afrikas Ueberlieferungen, die der Forscher mit einiger Zn- 
verficht aufnehmen darf?" 
Das Werden, das Entwickeln und die Kultur-fort- 
schritte werden freilich bei den Stämmen des afrikanischen 
Innern schwer festzustellen sein. Der wilde 'Naturmensch 
ist lediglich ein Kind der Gegenwart; er denkt weder an 
die Zukunft, noch an die Vergangenheit; er kennt fernen 
Gebieter, feine Frauen und Sklaven, seine nächsten Ver 
wandten und Freunde, weiß, bei welchem 'Nachbar er am 
leichtesten Beute holen kann, und welcher Baum, welche 
Pflanze die schmackhaftesten Früchte liefert. Mit einem 
Wort „er lebt" und ist ein crasscr Egoist. Das wechsel 
volle und interessante Leben, welches die Stämme durch 
laufen haben müssen, seitdem Eva's schwarze Kinder ihren 
Einzug hielten, ist deshalb für ewig im Schooß der Ver 
gangenheit begraben. Nicht wie in Aegypten trifft man 
hier Ruinen ehemaliger Kulturhöhc, nicht Grabdenkmäler, 
die von der Existenz vergangener Geschlechter Zeugniß ab 
legen, sondern man sieht nur Erzeugnisse der Gegenwart 
und die namenlosen Gräber der letztverstorbcnen Generation. 
Die Geschichte dieser unentwickelten Völker ist jung, sehr 
jung und reicht kaum in das letztvergangene Jahrhundert 
unserer Zeitrechnung zurück. Es ist eine Geschichte ohne 
Kultur-entwickelung, ohne das Steigen und Fallen mensch- 
Globus LIII. Nr. 18. 
u Francois. 
lieh er Intelligenz, vielmehr das Spiel blutdürstiger Herr 
schaft und schonungsloser Vertilgungssucht. 
Erst seit die Portugiesen in Malange festen Fuß ge 
faßt haben, beginnt das Innere Afrikas und damit auch die 
Geschichte der dort lebenden Völker dem allgemeinen Wissen 
erschlossen zu werden, ja theilweisc ist die letztere mit dem Auf 
treten der portugiesischen Weißen eng verknüpft und durch 
dieselben bedingt worden. So die Geschichte der Bangala. 
Die folgenden Berichte bafiren keineswegs ans Berichten 
portugiesischer Ansiedler oder ans officiellen Angaben über 
die Kümpfe der Portugiesen, sondern sind allgemeinen 
mündlichen Ueberlieferungen entnommen, die mir durch 
Germano und den Dolmetscher Kunha, dessen Frau eine 
Bangala-Negerin ist, mitgetheilt wurden. Im Wesentlichen 
kann ich mich hierbei auch an die Berichte des Herrn Otto 
Schütt anlehnen, der ans seiner Reise im Lande der Bangala 
denselben Germano als Dolmetscher hatte, der auch mir diente. 
Vor etwa 300 Jahren soll im großen Lunda-Reich ein 
König geherrscht haben, der mit Sorge seinem Ende ent 
gegensah, weil er mit dem Betragen seiner zwei Söhne sehr 
unzufrieden war. Mehrfach hatten sie sich ungebührlich 
gegen ihn benommen, hatten auch dem Volke gegenüber ein 
übermüthiges Benehmen an den Tag gelegt, so daß der 
Vater entschlossen war, ihnen das Thronrecht zu entziehen. 
Da dies nur durch List zu bewerkstelligen war, so berief er, 
als er den Tod herannahen fühlte, seine Tochter zu sich und 
gab ihr die Reichsinsignien mit der Weisung, daß sic die 
selben führen und über das Reich regieren solle. Das 
Reichskleinod, ein Armband aus den Zähnen der Ahnen 
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