Urt besonderer Kerücksichiigung »er Anthropologie und Ethnologie.
Begründet von Karl Andrer.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Richard Kiepert.
Braunschweig
Jährlich 2 Bände L 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten
zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen.
D i e u l a f o y ' § Ausgrabungen in S u s a.
Nach dem Französischen der Madame Jane Dienlafoy.
V.
Der 21 . März brachte einen interessanten Fnnd, Emaille
ziegel, die zusammen einen vollständigen Fries von 72 cm
Höhe bildeten, bestehend aus weißen, durch ein gelbes Band ver
bundenen Palmetten, darüber und darunter gelbe und grüne
Zacken u. s. w. Bei weiterem Nachsuchen entdeckte man
außerdem noch ein werthvolleres Stück: ans blauem Grunde
eine weiße Schnauze, ein gelbes Nasenloch und einen ans
fünf dicken Haaren gebildeten Bart eines phantastischen
wilden Thieres; über der geschickt nachgebildeten und mit
milchfarbenem Email bedeckten Kaumuskel ein rundes Auge,
alle Farben frisch und wohlerhalten. Das Ganze erinnerte
an die steinernen Löwen, welche die Paläste der assyrischen
Herrscher schmückte. Ueber den oberen Zacken des Frieses
bemerkte man ferner eine weiße Tatze in Hantrelicf, die
ans einem grünen und gelben Bande stand und zwei gelbe
Klanen zeigte. Alles aber wurde zunächst wieder dick mit
Erde bedeckt, um erst später wieder freigelegt und gehoben zu
werden. Diese Vorsicht empfahl sich um so mehr, als der
Barometer fiel und mehrere Tage wieder ohne Unterlaß
gewaltiger Regen herabströmte. So sehr derselbe auch die
Ausgrabungen verzögerte und die Verproviantirung des Lagers
erschwerte, so hatte er doch auch sein Gutes; denn im Graben
E des Tumulns Nr. 2 war durch seine Einwirkung das Erd--
reich abgestürzt und hatte die Stirnseite einer aus großen
Lehmziegeln bestehenden, außerordentlich gnt ausgeführten
Mauer bloßgelegt. Um diese durch die Schutthaufen weiter
zu verfolgen, wurden die besten Arbeiter angestellt.
Globus LII. Nr. 23.
Der 25. März brachte unter die Arbeitcrbevölkcrnng
des Lagers eine große Bewegung; unten in der Ebene
zogen schwer bepackte Büffel, Kühe und Kameele entlang:
Kerim Chan veränderte seinen Lagerplatz, weil zwischen
seinen Lnren und Ali Chan, dem Häuptlinge der Segvends,
Krieg ansgebrochen war. Letzterer hatte ans Anlaß der
Hochzeit seiner Tochter mit dem Sohne des Mozaffer el-Molk
das Land zu verwüsten begonnen; seine Reiter plünderten
schonungslos einzelne Reisende, und seine Kameele jagte er
in die Gerstenfelder der Lnren. Nun folgten allerhand
Scharmützel und Reiterkümpfe; Ali Chan's Sohn wurde
dabei verwundet, aber die Luren unter Anführung des
Mohammed, Kerim Chan's Sohn, mußten sich doch vor
den überlegenen Segvends zurückziehen und flüchteten sich
in die Nähe der Nninenhügel, in der Hoffnung, bei den
Franzosen Beistand zu finden, eine Zumuthung, welche
diese von der Hand wiesen, da ein Eingehen darauf eine
Fortsetzung der Ausgrabungen unmöglich gemacht hätte.
Zwei Stunden, nachdem Mohammed mißmuthig über seine
Zurückweisung das Lager Dieulafoy's verlassen hatte, erstieg
ein zahlreicher Hausen Nomaden den Tumulns und drängte
sich in das Zelt, voran eine reinlich gekleidete Frau, gefolgt
von alten, schmutzigen, runzeligen Weibern. Der Stamm
Kerim Chan's zerfällt nämlich in zwei Theile von ungleicher
Bedeutung; der größere steht unter seiner Leitung, der
schwächere unter derjenigen seines Bruders Papi. Und
des letzteren Gemahlin, halb arabisch, halb persisch gekleidet,
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