Aus allen Erdtheilen.
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europäische oder arabische Zeichen aufgenommen hat. Die
selbe trennt die Worte nicht, der Schluß jedes Satzes wird
durch die Silbe „he" angezeigt. Es existirt eine altere
und sehr bedeutend vereinfachte neuere Schriftform. Die
Wai sind sehr schreiblustig, manche unserer Leute führten
förmliche Journale, ja man konnte keinen Zettel liegen lassen,
ohne daß einer derselben ein paar Schriftzeichen darauf ge
malt Hütte. Zum Erlernen der Schrift haben sie ein
Alphabet und ein Buchstabirsystem. Weiber erlernen die
Schrift selten. Von einer Abnahme des Gebrauches der
Wai-Schrift ist wenig zu bemerken. Fast alle Waiboys,
die ich an der Küste traf, schrieben dieselbe, während nur
wenigen der Gebrauch der lateinischen Lettern bekannt war.
Das beistehende Facsimile giebt einen Brief wieder, den
mein Wai-Diener Daia an meine Eltern richtete.
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c^/ C0
■0^
Es lautet in der Umschreibung:
hlg-naga Pa-a-ia inn
ÜSTg-naa. lii-su-ua ka-ka
he-ng-fa-ba| ng-fa ng-
naa hi-su-ua ka-ka. he.
und auf deutsch:
„Ich Daia selbst
ich sage der Grüße viele
meines Herrn Mutter) dem
Herrn sage ich der Grüße viele. Schluß."
Hierbei ist unter dem Herrn in der letzten Zeile mein
Vater zu verstehen.
Alle Wai glauben bestimmt an die Existenz von Vam
pyren. Dieselben betreiben schon im Leben ihr blutdürstiges
Gewerbe und besitzen die Gabe der doppelten Gestalt.
Zwar können sie sich nicht unsichtbar machen, jedoch den
Menschen, dessen Blut sie saugen, lähmen und am Schreien
hindern. Meist sind es Kinder, welche sie anfallen und
langsam zu Grunde richten. Wird Jemand vom ganzen
Stamme als Vampyr erklärt, so kann er verbrannt werden,
was jedoch höchst selten geschieht. Meist werden Sklaven
getödtet, wenn in einem Hause mehrere Kinder sterben und
der Zauberdoktor (meist ein Mandingo) dieselben als Vam
pyre bezeichnet.
Die Hauptkunst der Zauberer besteht im Anfertigen von
Amuletten, sowie darin, aus Strichen im Sande die Zukunft
und Geheimnisse zu entziffern. Jedem Verstorbenen wird
die Milz aus dem Leibe genommen. Ist sie normal groß,
so war der Mann kein Vampyr, ist sie jedoch angeschwollen,
so war sie cs, die den Mann zum Vampyr machte und
wird schleunigst verbrannt. Geschieht dies nicht, so bleibt
der Mann auch nach dem Tode Vampyr. Er verwest nicht
im Grabe und verläßt dasselbe nächtlich, um in die Hänscr
einzudringen. Er ist unsichtbar, doch hört man ihn schlür
fend den Palmwein trinken, die Speisen verschlingen und
schnarrend schreien. Natürlich sangt er auch Blut. Auch
treibt er sich als Waldteufel herum und schlägt Menschen,
die dadurch dem Tode geweiht sind. Entdeckt man endlich
sein Grab, so wird er verbrannt, was seinem Treiben ein
Ende macht.
Die Wai haben nicht unmelodische Gesänge, sowie zahl
lose Sagen, Märchen und Fabeln. Als Beispiel sei eine
der letzteren mitgetheilt, wie mein Diener Daia sie nach
! dem Urtexte übersetzte.
„Dieses Papier ist ein Fabelpapier (d. h. dieser Text
berichtet eine Fabel). Das Leguan hörte einst, wie der
Hund immer von dem Menschen gerufen wurde, und dachte:
,Der Hund muß eine wichtige Person sein, da er stets ge
rufen wird? Und das Leguan schloß Freundschaft mit dem
Hunde und bat denselben, ihm ebenso große Bedeutung für
den Menschen zu verschaffen. Der Hund war einver
standen und ließ das Leguan auf seinen Rücken steigen.
Dann lief er ins Dorf und stahl ein Stück Fleisch aus
einem Topfe. Und die Weiber liefen ihm schreiend nach
! und hieben mit einem Knüttel auf ihn ein, trafen aber nur
j das Leguan. Das Leguan, welches früher hochbeinig lief,
wurde damals derart niedergeschlagen,-daß es bis heute den
Bauch am Boden schleppen muß."
Damit schließe ich meine kurzen Bemerkungen über die
Wai, die ich nur deshalb mitgetheilt habe, weil ich beob
achtete, daß Schwarze im intimen Verkehr in der Fremde
oft eher geneigt sind, von den internen Gebräuchen ihres
Stammes etwas auszuplaudern als in der Heimath selbst.
Und wie wenig von dieser ihrer Heimath ist noch bekannt!
Das Land der Kru, Wai, Krcbo und anderer Stämme, die
schon seit Jahrzehnten bei Weißen arbeiten, ist heute noch
so gnt wie unerforscht, und wenige Meilen landeinwärts
von der Liberianischen Küste dehnt sich die große terra
incognita West-Mandingos aus.
Aus allen Erdtheilen.
E u r o p a.
— In ornithologischcr Hinsicht merkwürdig ist das häufige
Auftreten der Viehkrähe (Nucifraga caryocatactes L.)
hier in den westlichen Schären, schreibt die in Helsing-
fors erscheinende „Nya Pressen“. Auf Drumsö ist dieser
Vogel während der letzten Tage (Ende August) in kleineren
Völkern bis zu 80 Stück gesehen worden. Mehrfach sind
Vögel, die nicht im geringsten Grade scheu zu sein scheinen,
durch Steinwürfe getödtet worden. Im Jahre 1844 er
schien die Viehkrähe zum ersten Mal in großen Schaaren bei
uns und verbreitete sich damals sogar bis Lappmarken hin
auf. Mehrere Exemplare wurden noch im November an
getroffen, wo sie, steifgefroren, mit den Händen sich fangen
ließen. Woher sie kamen, wohin sie zogen und welche Ur
sachen das Auftreten dieser Vögel in so großer Menge an
Orten veranlaßten, wo sie zuvor niemals und auch nachher
nicht wieder gesehen wurden, dürfte noch jetzt nicht aufgeklärt
sein. Seit jener Zeit sind einzelne Exemplare bei Helsingfors,
Laukas, Rautalampi, Kuopio, Jyväskylä, Kajaua, Paldamo,
Wasa, Esbo und Hollola geschossen worden. Heckend ist der
Vogel bei uns mit Sicherheit noch nicht angetroffen worden.
Nach Magnus von Wright heckt er in dichten Wäldern im
Gebiet des Haselstrauches, mithin in Europa und Asien. Da
der ungefähr einen Fuß große Vogel an seinem langen schwarzen
Schnabel, seiner braunen, mit weißen tropfenförmigen Flecken
versehenen Kleidung, seinen schwarzen Flügeln, und seinen mit