Wrt besonderer Herürbsrchtlgung der Anthropologie und Ethnologie.
Begründet von Karl Andrer.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Richard Kiepert.
Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 QCF.
«0X1111111 Cl)U) CI Q zunr Preise von 12 Mark xro Baud zu beziehen.
Dieulafol/s Reise in Westpersiell und Babylonien.
XXVI.
(Die fünf ersten Abbildungen nach Photographien der Madame Jane Dieulafoy.)
Nach zweitägigem Arbeiten des schwarzen Mechanikers
war das Dampfboot reisefertig; die Reifenden preßten sich
in die enge, niedrige Kajüte, den einzigen Raum des
Schiffes, welcher gleichzeitig zum Schlafen, Wohnen und
Speisen diente; die Abfahrt wurde auf den Morgen des
25. November festgesetzt, aber erst gegen Sonnenuntergang
wurden die Taue gelöst, und es ging rasch stromabwärts
nach Mohammerah an der Mündung des Karun, wo die
Fluth, welche sich noch mehr als 30 km von da an strom
aufwärts fühlbar macht, abgewartet wurde. Die Beman
nung bestand aus einem Kapitän, dem Mechaniker, vier
tznt bewaffneten Soldaten und einem Aufseher. Bald aber
wllte es sich zeigen, daß das Dampfschiff seiner Aufgabe
1Uc y gewachsen war: gleich am Morgen des nächsten Tages
S Halt gemacht und einige schadhafte Stellen am
eepel, welcher in Fclieh allzu oberflächlich durchgesehen
norden war, ausgebessert werden. Ohne Schutz gegen die
rennende Mittagssonne lag man an den verlassenen Ufern
es Karun da, während die Mannschaft die Gelegenheit be-
nutzte, um rasch trockenes Gestrüpp zu sammeln, daraus
Holzkohlen zu bereiten und damit aus flachen Eisenschalen
nach bekannter arabischer Weise dünne Brotfladcn zu backen,
^est um 8 Uhr Abends setzte sich der Dampfer wieder in
^öewegung; aber schon gegen Mitternacht versagte die
.B^pumpe den Dienst; man war.gezwungen, das Wasser
Töpfen zu schöpfen, dann Feuer zu machen und ein
Xi? i°f VluSlt8 z" dampfen, bis der niedrige Wasserstand
ui otessel von Neuem dazu zwang, anzuhalten und das alte
Globus XLVIII. Nr. 8.
Spiel von vorn zu beginnen. So kam man mit viel
Energie und Geduld stoßweise weiter bis zu einem arm
seligen Dorfe mit einem dürftigen Palmenhaine, wo man
beschloß, behufs einer gründlichen Reparatur längeren
Aufenthalt zu nehmen. Drei volle Tage lang war man
an diesen langweiligen Ort gebannt. Die Ufer des Karun
erheben sich senkrecht über dem Wasser, und dann dehnt
sich die Ebene aus, so weit das Auge reicht, flach und ein
förmig, wie eine holländische Landschaft. Nur Spuren
alter Bewässerungskanäle zeugen von der früheren Ertrags
fähigkeit des Landes, das jetzt nur spärliche Dornsträucher
und Ginerium hervorbringt; wo früher zahllose Dörfer
von fleißigen Menschen belebt waren, halten sich jetzt nur
Pelikane, wilde Enten und Kraniche ans, die sich über
Tags im Dickicht verbergen, aber Morgens und Abends
sich herumtummeln und im Flusse fischen. Aber selbst die
Zerstreuung, welche die Jagd auf diese Vögel hätte bieten
können, blieb den Reisenden versagt; denn abgesehen von
den Gefahren, welche von Löwen und Panthern drohte,
mußte man mit den herumschweifcnden Arabern rechnen.
Und die Furcht der Begleitmannschaft vor denselben war
offenbar keine geheuchelte; denn während des Tages be
zogen die vier Soldaten die Wache am Ufer und suchten
die nächste Umgegend nach etwaigen Feinden ab, während
man Nachts den Dampfer in der Mitte des Stromes
verankerte, um zwischen sich und die Räuber eine schwer
zu überschreitende Schranke zu bringen. Als man endlich
nach drei Tagen den reparirten Dampfkessel wieder an
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