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Volltext: Globus, 47.1885

Mit besonderer Berücksichtigung der Anthropologie und Ethnologie. 
Begründet von Karl Andree. 
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben vvn 
Dr. Richard Kiepert. 
Braunschweig 
Jährlich 2 Bände à 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postaustalteu 
zum Preise von 12 Mark pro Baud zu beziehen. 
1885 . 
Destre Charnaì/s Reise in Ancata» und dem Lande der Lacandanen ' ). 
X. 
In Nachilan bieten sich dem Reisenden zwei Wege dar, ! 
um den Sec Peten zu erreichen: entweder er fährt den 
Fluß Usumacinta aufwärts, der einige Stunden von dort 
den Namen Rio de la Passion annimmt, oder er folgt quer 
dilrch die Wälder dem „Camino Real", der weiter nichts 
ist als einer jener abscheulichen indianischen Fußpfade, die 
jeder Reisende kennen gelernt hat. Gegen ersteren Weg 
spricht die reißende Strömung des Flusses und der weite 
Umweg, den man machen muß, ehe man Libcrtad erreicht. 
Charnay zog deshalb den Landweg vor und schlug mit 
seinen noch immer sehr herabgckommcncn Maulthieren einen 
kleinen Pfad ein, der nach zwei Tagereisen in den Weg 
nach Peten mündet. Derselbe führte sic in weiteren vier 
Märschen nach Sacluc, welches heute Libcrtad genannt 
wird. Cs ist der Hauptort des Distriktes Peten und der 
letzte bewohnte Punkt Guatemalas, wie Tcnosique derjenige 
Tabascos; in seinem Aeußeren gleicht cs durchaus den 
übrigen spanisch-indianischen Dörfern der heißen Klimate 
vlit dem großen grasbewachsenen Platze, der armseligen 
Kirche und den wenigen Häusern daneben. An allem 
herrscht in Libcrtad Mangel, und Hungersnoth scheint dort 
in Permanenz zu sein; nur durch die Mahagoniholzsucher 
wird ihm einiges Leben eingehaucht. 
Bon dort wendet sich der Weg, der bis dahin eine ost- 
südöstliche Richtung verfolgte, nach Norden; bis Flores 
am isee Peten sind es 30 km. Es ist das alte Tayasal 
und liegt genau an der Stelle dieser Mayastadt; schon an 
’) Fortsetzung von „Globus", Bd. 46, S. 119. 
Globus XLVII. Nr. 4. 
sich reizend, ist es auch prachtvoll inmitten seines schönen 
Sees und einer großartigen Gebirgsumgebnng gelegen. Die 
alten Bewohner des Ortes, Jtzaes mit Namen, waren Ab 
kömmlinge jener Auswanderer, welche unter Führung ihres 
Canck um 1440 die Stadt Chichen-Jtza in Pncatan ver 
ließen, und von denen früher des längeren die diede war. 
Dort in jener wunderbaren Gegend, umgeben von gleich 
sprachigen und besonders kriegerischen Stämmen, richteten 
die Jtzaes ihr Bolksthnm wieder auf, und das in so kraft 
voller Weise, daß es bis gegen das Ende des 17. Jahr 
hunderts gegen den Einfluß und die Eroberungsgelüste der 
Spanier Stand hielt. Ihre Häuser, Paläste, Tempel und 
Pyramiden sind zwar verschwunden, aber zum Glück läßt 
sich ihre Geschichte rekonstruiren und das geringe Alter der 
Monumente wiederum nachweisen. Erst im Jahre 1696 
glückte es dem Gouverneur von Ancatan, Martin Ursua, 
sich der Stadt zu bemächtigen und die kleine Nationalität 
zu zerstören. Er bedurfte dazu einer wahren Armee und 
ließ eine Straße anlegen, welche sich von Campeche in 
gerader Linie durch die Wälder nach dem Petensee zog. 
Unterwegs traf die Expedition in Nohbecan auf eine Stadt 
mit großen Gebäuden voll Götzenbilder. Als der See 
erreicht war, mußte der Gouverneur, wie einst Cortez, 
Brigantinen erbauen lassen, um die Stadt Tayasal belagern 
zu können. Am 2. März 1696 fand der Angriff und die 
Eroberung statt. In einem Augenblicke war der Ort 
von seinen Bewohnern verlassen: Männer, Frauen und 
Kinder flüchteten in Booten oder schwimmend über den 
See und verschwanden für immer. Martin Ursua hatte 
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