fltii besonderer Berücksichtigung der Anthropologie und Ethnologie.
Begründet von Karl Andrer.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Richard Kiepert.
Braun schweig
Jährlich 2 Bünde ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten
zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen.
1885.
G. Revoil's Reise im Lande der Benadir, Somali und Bajun
1882 bis 1883.
IV.
(Sämmtliche Abbildungen nach Photographien.)
Allmählich hatte sich die Bevölkerung von Mogduschu
daran gewöhnt, daß Rovoil in der Stadt umherging, Fragen
stellte und sich Notizen machte, und wurde zuletzt so zu
traulich, daß ihm die vielen Händedrücke, die er auszutauschen
hatte, lästig wurden. Dabei trug er Sorge, eine vollständige
Neutralität zn bewahren, um die Empfindlichkeit der beiden
feindlichen Parteien im Orte zn schonen. Wenn es in dem
Audienzsaale des Gouverneurs oder Salems oder sonst wo
zu einer Diskussion kam, hielt er sich bei Seite, ebenso als
der Zufall es wollte, daß in seiner Gegenwart Zänkereien
und selbst Kämpfe vorfielen; dagegen war er stets bereit,
den bei solchen Gelegenheiten Verwundeten ärztliche Hilfe
zn leisten. Diese Handlungsweise hatte er seit seiner Lan
dung in Mogduschu sich zur Pflicht gemacht, und seinen
Nachfolgern in der Erforschung des Somali-Landes räth
er ein Gleiches an. Durch Salem war er in diese Lokal
kämpfe eingeweiht worden; ohne jemanden vorzuziehen oder
einen Unterschied zu machen, stattete er den einflußreichen
Leuten beider Parteien Besuche ab und entschuldigte sich
auch bei dem Jman Mahmud, dem Haupte von Schingani,
daß er nicht bei ihm abgestiegen wäre, wie vor Jahren die
Officiere des französischen Schisses „Ducouädic" bei dessen
Vater. Dabei hätte ihn vielleicht Mahmud und seine
Familie besser unterstützt, als die Häuptlinge von Hamar-
win, welche die in Zanzibar empfangenen Wohlthaten ganz
vergessen zu haben schienen.
Glvbus XLVII. Nr. 22.
Scheich Sala, der Gouverneur von Mogduschu, hatte
auf seine Umgebung einen ganz anderen Einfluß, als der
alte Soliman ben-Hamed in Mörka. Rovoil unterließ es
nie, seinen Freitagsaudienzen beizuwohnen, wobei ihm stets
mit größter Zuvorkommenheit der Ehrensitz angeboten wurde.
Sobald des Reisenden Ankunft dem Gouverneur gemeldet
wurde, stieg dieser stets die Stufen des Divan, auf welchem
er, von seinen Soldaten umgeben, saß, herab und ging ihm
entgegen. Er liebte es, das Gespräch auf die Politik zn
bringen und erkundigte sich öfters sorgenvoll nach der Lage
des Sultans in Konstantinopel und seinem Verhältnisse zu
den europäischen Mächten; dann hörten die alten Scheichs
der Stadt aufmerksam zu, trotz des Lärms, den der „Lelam"
(Auktionator) verursachte, indem er alle Arten von Aus
rüstungsgegenständen meistbietend verkaufte. Oesters mußte
auch Rtzvoil seine Präcisionswaffen mitbringen und deren
Wirkung zum Erstaunen der Anwesenden von den Zinnen
des Forts aus probiren.
Das Stadtvolk hatte bald von den Knaben, die der
Reisende als Insekten- und Pflanzensammler verwendete,
seinen und seines Begleiters Namen gelernt; aber während
es „Julian" leicht behielt und nur in Sulian verdrehte,
bezeichnete cs Rsvoil lieber als Hakim (Doktor) und verlieh
ihm sogar den Scheich-Titel, nachdem Scheich Sophi dem
selben den Turban nach mohammedanischer Weise zurecht
gefaltet hatte. Als „Scheich Hakim" ist denn auch Rtzvoil
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