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Leben in den Faktoreien bei Sherbro.
Zuckerrohr, nach einem Jahre Bananen; und dabei dauern
hier Pncca, Zuckerrohr und Bananen langer als ein Jahr
aus! Es ist traurig, dies zu sehen und dabei sagen zu
müssen, daß die Bewohner des östlichen Peru ein so elen
des Volk sind, wie man es sich nur denken kann!
Zweinndzwanzig Tage hatte Wiener unter solchen,
größtentheils traurigen Eindrücken in Moyobamba zuge
bracht, als seinem langweiligen Aufenthalt ein Ende ge
macht wurde; er erhielt nämlich endlich am 4. Juli die
nöthigen Lastthiere und am 5. Juli trat er, von den in der
Stadt anwesenden Fremden ein Stück Weges begleitet, die
Reise nach Chachapoyas an. Die Straße ist schlecht und
sumpfig; an den schwierigsten Stellen hat man sie mit
Holz zu verbessern gesucht; da dasselbe jedoch bald wegfault,
wird der Zustand nur noch verschlimmert. Einen eigen
thümlichen Eindruck machen die Ochsen, welche hier als
Lastthiere gebraucht werden; sie tragen ihre Last auf den !
Hörnern; dieselbe ist in Ochsenfclle eingewickelt, bei denen
die behaarte Seite nach außen gekehrt ist, so daß es aus
sieht, als ob der Pack ein Theil des Ochsen wäre. In
Rioja nahm Wiener Quartier und machte die Bekannt
schaft eines Händlers aus Cajamarca, der es auch verstand,
seinen Vortheil ins Auge zu fassen, indem er um fünf
Francs einkaufte, was er um zehn wieder verkaufte.
Am Abend brachte ein Eilbote von Chachapoyas die
Nachricht, daß dort eine Revolution ausgebrochen und der
Präfekt vertrieben worden sei; wie der Bote sagte, habe es
Todte gegeben, unter diesen „zwei werthvolle Äiaulthiere
und einen Kolouel“. Der Präfekt hatte sich klüglich bei
Zeiten aus dem Staube gemacht und man beabsichtigte,
einen neuen zu wählen, da man keine von der centralen
Autorität ernannte Obrigkeit anerkennen wollte. Hiermit
war natürlich die Aussicht auf fortdauernde Streitigkeiten
eröffnet.
Leben in den Faktoreien bei Sherbro.
II. (Schluß.)
Die Bewohner dieses Territoriums sind G all in as-
Neger und gehören ihrer Abstammung nach zu dem großen
VolkSstanime der Mandingos, welcher in dem nörd
licheren Theile der Westküste heimisch ist. Der Boden des
Landes ist sandig und daher wenig fruchtbar, die Haupt
masse der Produkte, welche die in den Flußniederungen und
am Meere liegenden Faktoreien eintauschen, kommt aus
dem Hinterlaude, und dient das hiesige Volk als Zwischen
händler, wie es denn auch in früheren Zeiten als Vermittler
beim Sklavenhandel thätig war. Die Gallinas-Neger sind
meistens Mohammedaner, doch findet man auch noch viele
Heiden, Fetischanbeter, zu welchen unter anderen auch der
frühere Souverän dieses Gebietes gehört, auf welchem die
Faktorei Mannah Salliejah liegt, und dem wir eine nomi
nelle jährliche Rente von 10 Pfd. St. zahlen. Besagter
Souverän, By Bisst mit Namen, empfängt außerdem noch
eine Rente von 20 Pfd. St. von der britischen Kolonial
regierung für Abtretung des Landes, von der Meeresküste
eine englische Meile einwärts. Er residirt kaum 10 Mi
nuten von mir entfernt in seinem Dorfe, das vielleicht noch
100 ihm unterthänige Seelen enthält, und ist ein äußerst
harmloser Mensch, der inmitten feiner acht Weiber und in
Verehrung des hölzernen Fetisches, sowie der angeblich in
die Flußalligatoren gefahrenen Geister seiner Vorfahren,
wohl schon 50 bis 60 Jahre ein recht beschauliches Leben
geführt hat. Gefolgt von seinem Schwertträger hat mir
dieser Monarch fast täglich Besuche abgestattet, doch fand ich
wenig Zeit und Lust, mich mit ihm zu beschäftigen, erfreute
dagegen sein Herz wohl einmal durch eine Flasche Rum oder
ein Pfund Tabak.
Auf dem schmalen Streifen Küstenlandes, welcher unter
englischer Oberhoheit steht, existirt dem Gesetze nach selbst
verständlich keine Sklaverei mehr, doch ist diese sowie die
Vielweiberei hier noch ebenso Gebrauch und Sitte wie im
Inneren. Das ganze Leben und Treiben der Neger basirt
auf diesen beiden Einrichtungen. Sklaven und Weiber
verrichten alle Arbeit, die freien Männer üben sich in Jagd,
Fischfang und Nichtsthun, oder gehen zur Abwechselung auf
Raub aus; doch ist die Behandlung der Sklaven im all
gemeinen eine so gute, daß sie höchst selten ihren Herren
entlaufen und den englischen Polizeiposten um Schutz an
rufen. Von den Weibern gilt dasselbe, sie sind mit ihrem
Loose zufrieden, da sie kein anderes, höheres kennen. Ein
Entlaufen nach dem Binnenlande ist deshalb ausgeschlossen,
weil die einzelnen Stämme sich streng von einander ab
schließen, ja in Feindschaft leben. Jedes Mitglied einer
Tribus ist an seinen Narben und der Tatuirung kenntlich,
und der fremde Eindringling kann noch von Glück sagen,
wenn er nicht als Spion angesehen und getödtet, sondern
nur wieder zum Sklaven gemacht wird. Die Weiber der
Neger haben keinerlei Rechte; als Kinder sind sie Eigen
thum des Vaters, der sie manchmal schon in zartem Alter
verhandelt, sicherlich aber schon nach eingetretener Mann
barkeit dem ersten besten überliefert, der ein den Verhält
nissen angemessenes Aequivalent dafür bietet. Der gewöhn
liche Preis einer Negerjungfrau sind 2 bis 3 Pfd. St.,
also 40 bis 60 Mk., wofür sie dann für ihre ganze Lebens
zeit Eigenthum des Mannes wird, vorausgesetzt, daß dieser
sie nicht früher wieder fortjagt. Dieses kommt jedoch sehr
selten vor, denn nachdem die Liebe verraucht ist, verwendet
der Gebieter die Frau als Arbeiterin; durch den so erzielten
Gewinn erhält er die Mittel, sich wieder eine neue, jüngere
Frau zu kaufen. So kommt es, daß die alten Männer,
welche immer auch die angesehensten oder gar Fürsten
sind, die meisten, jüngsten und hübschesten Frauen haben.
Je größer die Zahl der Weiber, desto reicher und an
gesehener ist der Mann; daher sind 25 bis 50 Frauen
keine so große Seltenheit bei den Fürsten dieses Landes.
Als ich eines Tages meinen Diener Jack, welcher der Sohn
eines solchen Fürsten ist, fragte, wie viel Frauen sein
Vater besitze, antwortete er in niedergeschlagenem Tone:
„twelf, that’s all“ (nur zwölf!), dadurch gleichsam ein-
gesteheud, daß sein Vater nur geringes Ansehen genießt.
Ich erwähne bei dieser Gelegenheit einer eigenthümlichen
Sitte, die ich durch den in meiner Faktorei beschäftigten
schwarzen Küper kennen lernte. Dieser, ein Mann von
ca. 35 Jahren, besaß schon zwei Weiber, kaufte sich aber
noch zwei kleine Mädchen im Alter von fünf und acht