Aus allen Erdtheilen.
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Aus allen
Europa.
— Im Sommer 1883 unternahm der Berliner Geologe
Dr. Konrad Keilhack eine wissenschaftliche Reise durch
das westliche Island, um Gebiete zu studiren, in denen
eine noch heute vorhandene ausgedehnte Eisbedeckung die
Entstehung von Diluvialablagerungen, wie sie sich auch im
nordeuropäischen Tieflande finden, klar erkennen läßt. Die
„Reisebilder aus Island", welche er in der „Vossischen Zei
tung" darüber veröffentlichte und jetzt gesammelt heraus
gegeben hat (Gera, A. Reisewitz, 1885), enthalten nun weniger
seine geologischen Resultate, wenn sie auch reich sind an
wissenschaftlichen Mittheilungen verschiedener Art, als eine
Schilderung des wunderbar großartigen Landes und seiner
nicht gerade immer sehr liebenswürdigen, sondern zum Theil
durch englische Touristen verdorbenen Bewohner. „Island —
schreibt Keilhack S. 9 — ist unstreitig das merkwürdigste
Land Europas durch die scharfen Gegensätze, die es zeigt;
ein Land von der Größe Süddeutschlands, völlig durch vulka
nische Thätigkeit aufgebaut, umspült im Norden von den
Fluthen des Eismeeres, dessen polare Strömungen Jahr für
Jahr das verderbenbringende grönländische Packeis an seine
Küsten ablagern, dann aber auch erwärmt durch einen Arm
des Golfstromes, der den armen Fischern im Nordlaude
Brennholz zuführt in Gestalt entrindeter Palmen und edler
Hölzer aus den Uferwäldern des Orinoco und Amazonas;
etwa 14000 qkm des Landes bedeckt von mächtigem Gletscher
eis, unter welchem gewaltige Vulkane verborgen sind, deren
Thätigkeit durch die Menge des dabei schmelzenden Eises
fürchterliche Katastrophen herbeiführt; eine Bevölkerung von
70000 Einwohnern, Abkömmlingen edler, vor 1000 Jahren
eingewandcrter Norweger, die ihre Sprache, das Altnor
dische, fast rein erhalten und eine große und schöne Litteratur
iu dieser Sprache geschaffen haben; beseelt von glühender
Vaterlandsliebe, trotzdem sie in hartem Kampfe der kärg
lichen Natur ihrer rauhen Heimath die Existenzbedingungen
abringen müssen: so wirken die Großartigkeit der Natur
uub die Eigenthümlichkeit der Bevölkerung zusammen, das
Land dem Besucher iu hohem Grade interessant zu machen."
Keilhack's Buch gehört entschieden zu den guten Reise-
beschreivungen und kann zur Lektüre sehr empfohlen werden.
A s i e n.
— Die Britische Nord - Borneo - Kompagnie
hat nach „London and China Telegraph" dem Sultane von
Brunei den nördlichsten Theil seines Gebietes abgekauft,
wodurch ihre Grenze von der Kimanis-Bai (an der West
küste der Insel) südwärts bis zu dem kleinen Sipitongflusse
vorgeschoben wird; derselbe mündet in die Brunei-Bai, an
deren Ausgange die englische Insel Labnan liegt. Durch diese
Erwerbung wächst das Gebiet der Gesellschaft um circa
60 Miles Küste und 4000 Quadratmiles, welche von den
Flüssen Kilias und dem über 100 Miles aufwärts schiff
baren Padas durchströmt werden. Erze soll es in Menge
geben und der Export von Sago ist bedeutend. Das Gebiet
ist dichter bevölkert, als die meisten Theile von Borneo, aber
die Eingeborenen sind friedlich gesinnt und sollen den Regie
rungswechsel mit Freuden begrüßt haben, weil sie nun vor
der Bedrückung durch Brunei geschützt seien. (Nebenbei sei
bemerkt, daß am 6. März im englischen Uuterhause die Er
klärung abgegeben wurde, die Regierung betrachte Nord-Borneo
nicht als unter britischer Souverünetät stehend.)
E r d t h e i l e n.
Afrika.
— Ueber die Bevölkerung des östlichenäqua-
torialen Afrikas zwischen io nördl. bis 5° südl. Br.,
sowie dem 34. Grade Lstl. L. Gr. und dem Indischen Ocean,
unter welcher er jüngst sechs Monate lang gelebt hat, sprach
H. H. Johnston kürzlich in dem Anthropologischen In
stitute zu London. Aeußerlich, sagt er, sind die Wataita-
Leute, welche das nicht weit von Mombasa liegende Taita
bewohnen, nicht gerade einnehmend. Sie sind von mittlerer
Größe; der Gesichtsausdruck ist verschieden, manche haben
Stumpfnasen beinahe ohne merkbaren Rücken und eine sehr
abgerundete, stark vorspringende Stirn, andere besitzen bei
nahe denselben Gesichtsausdruck wie die rothhäutigen In
dianer mit Adlernase, hohen Backenknochen und zurück
weichender Stirn. Der Körper ist von Natur stark behaart,
die Haare werden jedoch sorgfältig entfernt, sogar dieAugen-
und Barthaare ausgerissen. Die Hautfarbe ist gewöhnlich
rußig schwarz. Glaskorallen sind die Leidenschaft dieses
Stammes und werden in ungeheuren Mengen von Män
nern und Frauen getragen. Man findet nur geringe Spuren
von Religion bei ihnen, sie fürchten aber die Geister, welche,
wie sie glauben, die großen Bäume bewohnen, in hohem
Maße; mit der Sonne verbinden sie den Gedanken an eine
allmächtige Gottheit. Die Heirathcn werden zunächst als
Handelsgeschäft abgemacht; der zukünftige Gatte bezahlt dem
Vater den bestimmten Preis, drei oder mehr Kühe. Nach
dem dies abgemacht ist, ergreift das Mädchen zum Schein
die Flucht und verbirgt sich; sie wird durch den Bräutigam
und einige seiner Freunde aufgesucht und zu der Hütte des
künftigen Gatten gebracht.
Die Akamba, welche einen großen Landstrich nördlich
von Taita bewohnen, sind große Jäger und besitzen im
allgemeinen eine angenehme Erscheinung; das cttvas straffe
Haar und die helle Haut scheinen auf eine Mischung mit
Gallablut hinzudeuten. Der schöne Walddistrikt Taveita
wird von zwei verschiedenen Kolonien bewohnt, einer aus
Kiavoi-Lenten vom Massai-Stamm, und der anderen, mehr
ursprünglichen, bestehend aus Wataveita, die in ihrer Sprache
und ihren Ansichten besondere Eigenthümlichkeiten erkennen
lassen. Sie besitzen eine ansehnliche Größe und sind oft
Modelle von Symmetrie und Anmuth. Die Heirath ist auch
hier natürlich ein Handelsgeschäft, aber keine Spnr einer
Nachahmung des Frauenraubes ist zu bemerken. Nach der
Heirath sind die Frauen sehr ungebunden. Die Zahl der
Wataveita beträgt ungefähr 2000. Der Stamm der Watschaya
hat mit den Massai eine eigenthümliche Sitte gemein, Sachen
und Personen als Gruß oder Zeichen der Dankbarkeit anzu
spucken; ohne gerade viel Gottesdienst zu besitzen, sind sie
sehr abergläubisch und fürchten sich vor Zauberei. Mau findet
bei ihnen sehr geschickte Schmiede, welche alle Arten von Werk
zeugen, Waffen und Schmuck aus dem Roheisen schmieden,
welches sie aus Usanga erhalten. Am meisten zeichnen sie
sich jedoch im Ackerbau aus.
— Von der niederländischen Afrika-Expedi
tion unter Leitung von D. D. Beth ist aus Mossamedes
Bericht bis zum 8. Januar eingelaufen. Der Leiter der
Expedition hatte einige Ausflüge, u. a. nach Humpata und
Huilla, gemacht. Auf seiner Reise hatte er wenig Schwierig
keiten erfahren und die mitgenommenen javanischen Pferd
chen hatten sehr gute Dienste geleistet. Beth rühmt die von
den portugiesischen Beamten empfangene Unterstützung und
lobt die durch von Danckelmann mit schwarzen Farben ge
schilderten Boers; letztere scheinen den Plan aufgegeben zu
haben, nach Transvaal zurückzukehren. Mitte Januar sollte