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Volltext: Globus, 47.1885

Aus allen Erdtheilen. 
207 
Aus allen 
Europa. 
— Im Sommer 1883 unternahm der Berliner Geologe 
Dr. Konrad Keilhack eine wissenschaftliche Reise durch 
das westliche Island, um Gebiete zu studiren, in denen 
eine noch heute vorhandene ausgedehnte Eisbedeckung die 
Entstehung von Diluvialablagerungen, wie sie sich auch im 
nordeuropäischen Tieflande finden, klar erkennen läßt. Die 
„Reisebilder aus Island", welche er in der „Vossischen Zei 
tung" darüber veröffentlichte und jetzt gesammelt heraus 
gegeben hat (Gera, A. Reisewitz, 1885), enthalten nun weniger 
seine geologischen Resultate, wenn sie auch reich sind an 
wissenschaftlichen Mittheilungen verschiedener Art, als eine 
Schilderung des wunderbar großartigen Landes und seiner 
nicht gerade immer sehr liebenswürdigen, sondern zum Theil 
durch englische Touristen verdorbenen Bewohner. „Island — 
schreibt Keilhack S. 9 — ist unstreitig das merkwürdigste 
Land Europas durch die scharfen Gegensätze, die es zeigt; 
ein Land von der Größe Süddeutschlands, völlig durch vulka 
nische Thätigkeit aufgebaut, umspült im Norden von den 
Fluthen des Eismeeres, dessen polare Strömungen Jahr für 
Jahr das verderbenbringende grönländische Packeis an seine 
Küsten ablagern, dann aber auch erwärmt durch einen Arm 
des Golfstromes, der den armen Fischern im Nordlaude 
Brennholz zuführt in Gestalt entrindeter Palmen und edler 
Hölzer aus den Uferwäldern des Orinoco und Amazonas; 
etwa 14000 qkm des Landes bedeckt von mächtigem Gletscher 
eis, unter welchem gewaltige Vulkane verborgen sind, deren 
Thätigkeit durch die Menge des dabei schmelzenden Eises 
fürchterliche Katastrophen herbeiführt; eine Bevölkerung von 
70000 Einwohnern, Abkömmlingen edler, vor 1000 Jahren 
eingewandcrter Norweger, die ihre Sprache, das Altnor 
dische, fast rein erhalten und eine große und schöne Litteratur 
iu dieser Sprache geschaffen haben; beseelt von glühender 
Vaterlandsliebe, trotzdem sie in hartem Kampfe der kärg 
lichen Natur ihrer rauhen Heimath die Existenzbedingungen 
abringen müssen: so wirken die Großartigkeit der Natur 
uub die Eigenthümlichkeit der Bevölkerung zusammen, das 
Land dem Besucher iu hohem Grade interessant zu machen." 
Keilhack's Buch gehört entschieden zu den guten Reise- 
beschreivungen und kann zur Lektüre sehr empfohlen werden. 
A s i e n. 
— Die Britische Nord - Borneo - Kompagnie 
hat nach „London and China Telegraph" dem Sultane von 
Brunei den nördlichsten Theil seines Gebietes abgekauft, 
wodurch ihre Grenze von der Kimanis-Bai (an der West 
küste der Insel) südwärts bis zu dem kleinen Sipitongflusse 
vorgeschoben wird; derselbe mündet in die Brunei-Bai, an 
deren Ausgange die englische Insel Labnan liegt. Durch diese 
Erwerbung wächst das Gebiet der Gesellschaft um circa 
60 Miles Küste und 4000 Quadratmiles, welche von den 
Flüssen Kilias und dem über 100 Miles aufwärts schiff 
baren Padas durchströmt werden. Erze soll es in Menge 
geben und der Export von Sago ist bedeutend. Das Gebiet 
ist dichter bevölkert, als die meisten Theile von Borneo, aber 
die Eingeborenen sind friedlich gesinnt und sollen den Regie 
rungswechsel mit Freuden begrüßt haben, weil sie nun vor 
der Bedrückung durch Brunei geschützt seien. (Nebenbei sei 
bemerkt, daß am 6. März im englischen Uuterhause die Er 
klärung abgegeben wurde, die Regierung betrachte Nord-Borneo 
nicht als unter britischer Souverünetät stehend.) 
E r d t h e i l e n. 
Afrika. 
— Ueber die Bevölkerung des östlichenäqua- 
torialen Afrikas zwischen io nördl. bis 5° südl. Br., 
sowie dem 34. Grade Lstl. L. Gr. und dem Indischen Ocean, 
unter welcher er jüngst sechs Monate lang gelebt hat, sprach 
H. H. Johnston kürzlich in dem Anthropologischen In 
stitute zu London. Aeußerlich, sagt er, sind die Wataita- 
Leute, welche das nicht weit von Mombasa liegende Taita 
bewohnen, nicht gerade einnehmend. Sie sind von mittlerer 
Größe; der Gesichtsausdruck ist verschieden, manche haben 
Stumpfnasen beinahe ohne merkbaren Rücken und eine sehr 
abgerundete, stark vorspringende Stirn, andere besitzen bei 
nahe denselben Gesichtsausdruck wie die rothhäutigen In 
dianer mit Adlernase, hohen Backenknochen und zurück 
weichender Stirn. Der Körper ist von Natur stark behaart, 
die Haare werden jedoch sorgfältig entfernt, sogar dieAugen- 
und Barthaare ausgerissen. Die Hautfarbe ist gewöhnlich 
rußig schwarz. Glaskorallen sind die Leidenschaft dieses 
Stammes und werden in ungeheuren Mengen von Män 
nern und Frauen getragen. Man findet nur geringe Spuren 
von Religion bei ihnen, sie fürchten aber die Geister, welche, 
wie sie glauben, die großen Bäume bewohnen, in hohem 
Maße; mit der Sonne verbinden sie den Gedanken an eine 
allmächtige Gottheit. Die Heirathcn werden zunächst als 
Handelsgeschäft abgemacht; der zukünftige Gatte bezahlt dem 
Vater den bestimmten Preis, drei oder mehr Kühe. Nach 
dem dies abgemacht ist, ergreift das Mädchen zum Schein 
die Flucht und verbirgt sich; sie wird durch den Bräutigam 
und einige seiner Freunde aufgesucht und zu der Hütte des 
künftigen Gatten gebracht. 
Die Akamba, welche einen großen Landstrich nördlich 
von Taita bewohnen, sind große Jäger und besitzen im 
allgemeinen eine angenehme Erscheinung; das cttvas straffe 
Haar und die helle Haut scheinen auf eine Mischung mit 
Gallablut hinzudeuten. Der schöne Walddistrikt Taveita 
wird von zwei verschiedenen Kolonien bewohnt, einer aus 
Kiavoi-Lenten vom Massai-Stamm, und der anderen, mehr 
ursprünglichen, bestehend aus Wataveita, die in ihrer Sprache 
und ihren Ansichten besondere Eigenthümlichkeiten erkennen 
lassen. Sie besitzen eine ansehnliche Größe und sind oft 
Modelle von Symmetrie und Anmuth. Die Heirath ist auch 
hier natürlich ein Handelsgeschäft, aber keine Spnr einer 
Nachahmung des Frauenraubes ist zu bemerken. Nach der 
Heirath sind die Frauen sehr ungebunden. Die Zahl der 
Wataveita beträgt ungefähr 2000. Der Stamm der Watschaya 
hat mit den Massai eine eigenthümliche Sitte gemein, Sachen 
und Personen als Gruß oder Zeichen der Dankbarkeit anzu 
spucken; ohne gerade viel Gottesdienst zu besitzen, sind sie 
sehr abergläubisch und fürchten sich vor Zauberei. Mau findet 
bei ihnen sehr geschickte Schmiede, welche alle Arten von Werk 
zeugen, Waffen und Schmuck aus dem Roheisen schmieden, 
welches sie aus Usanga erhalten. Am meisten zeichnen sie 
sich jedoch im Ackerbau aus. 
— Von der niederländischen Afrika-Expedi 
tion unter Leitung von D. D. Beth ist aus Mossamedes 
Bericht bis zum 8. Januar eingelaufen. Der Leiter der 
Expedition hatte einige Ausflüge, u. a. nach Humpata und 
Huilla, gemacht. Auf seiner Reise hatte er wenig Schwierig 
keiten erfahren und die mitgenommenen javanischen Pferd 
chen hatten sehr gute Dienste geleistet. Beth rühmt die von 
den portugiesischen Beamten empfangene Unterstützung und 
lobt die durch von Danckelmann mit schwarzen Farben ge 
schilderten Boers; letztere scheinen den Plan aufgegeben zu 
haben, nach Transvaal zurückzukehren. Mitte Januar sollte
	        
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