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Volltext: Globus, 47.1885

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Band XLVII. 
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J? 8. 
Mit besonderer Herürbsrchtrgung der Anthropologie und Ethnologie. 
Begründet von Karl Andrer. 
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von 
Dr. Richard Kiepert. 
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iArmiiii(4nin>trt Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 QQP. 
->Jlumi|U|IUtiy zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. J.O0?J. 
Brügge. 
(Nach betn Französischen des M. Camille Lemonnier.) 
III. 
(Sämmtliche Abbildungen nach Photographien.) 
Brügge gleicht einem großen Museum, in welchem sich 
die Kunstschätze von Jahrhunderten angesammelt haben. 
Auf dieselben, namentlich die Gemälde alter Meister, eines 
Memling und Johann van Eyck, wie sie sich in der Kapelle 
zum heiligen Blute, im St. Johannes-Hospitale und dem 
Mnseunr finden, einzugehen, ist hier nicht der Ort; aber 
zwei Merkwürdigkeiten, welche zwei der eben erwähnten 
Gebäude ans der Place du Bourg umschließen, seien er 
wähnt: der Religuienschrein des heiligen Blutes und der 
Kamin im Franc de Bruges. Das eigentliche Kästchen, 
welches den Tropfen vom Blute Christi birgt, ist nur ein 
Theil des ganzen wunderbaren Kunstwerkes, das im Jahre 
1616 von Johannes Erabbe aus den edelsten Metallen 
und Steinen gefertigt wurde; werthvoller noch als die 
Kameen, Edelsteine und Perlen aber ist die Goldschmiede 
arbeit. Ueber dem Kästchen, das auf einem mit Schilden 
verzierten Untersatze ruht, tragen sechs zierliche Säulen 
einen Architrav, den die feinsten Spitzen krönen, und von 
welchem an Laubgewinden mächtige Perlen herabhängen; 
auf demselben stehen drei Gehäuse, Laternen ähnlich, welche 
kleine Statuen enthalten. Allsährlich wird diese Reliquie 
in Procession durch die Stadt getragen, und zwar im 
Monat Mai, und die Umzüge haben im Laufe der Jahr 
hunderte an Pracht und Glanz wenig verloren. Was in 
dieser Hinsicht einst von den Zünften und Innungen, den 
Grafen von Flandern und ihrem Gefolge geleistet wurde, 
Globus XLVII. Nr. 8. 
hat fetzt die Geistlichkeit selbst auf sich genommen, welche 
an diesem Tage eine fast unglaubliche Menge von Kannen, 
Kelchen, Ostensorien, Tabernakeln und mit Gold und Edel 
steinen verzierten Priestergewündern zur Schau stellt, die 
zu der grauen Einförmigkeit unserer heutigen Sitten und 
Trachten kaum paßt. An dem auf diesen „Umgang" 
(Ommeganck) folgenden Freitage haben die Brügger Frauen 
die Gewohnheit, entweder in ganzen Scharen oder einzeln 
denselben Weg, wie die Procession, durch die Straßen 
zurückzulegen, und das dauert zwei Stunden, sei es nun, 
daß sie diese Zeit wirklich zu dem frommen Werke ver 
wenden, sei es, daß sie, wie böse Zungen behaupten, die 
Freiheit dieses Tages zu verliebten Spaziergängen benutzen. 
An demselben Freitage legt die Kapelle des heiligen Blutes 
ihr Festgcwand an und die Reliquie wird ausgestellt; an 
dachtsvoll zieht eine gläubige Menge ununterbrochen an 
derselben vorbei und berührt mit den Lippen das den Bluts 
tropfen einschließende Glas. Gleich darauf aber tritt das 
alltägliche Leben wieder in alle seine Rechte: mit strahlen 
dem Antlitze, das die innere Befriedigung über die fromm 
erfüllte Pflicht wiederspiegelt, erscheinen die Hausfrauen 
an der Thüre der Kapelle wieder, um sofort mit ihrem 
geräumigen Henkelkorbe, den sie auch beim Küssen der 
Reliquie nicht vom Arm lassen, dem nahen Markte zuzu 
eilen. 
So zierlich der Reliqnienkasten, so groß und gewaltig 
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