Völker- und Kulturgruppen im westlichen Hinterindien, usw.
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Völker- und Kulturgruppen
im westlichen Hinterindien, dargestellt mit Hilfe
des statistischen Verfahrens.
(Ein vorläufiger Versuch.)
Von Dr. Christoph von Fürer-Haimendorf, Wien.
Eine der größten Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung der
von Frobenius, Graebner, W. Schmidt u. a. geschaffenen und ausgebauten
kulturhistorischen Methode ist die Überwindung der sich bei Bearbeitung einer
größeren Zahl von Völkern und Kulturelementen bald ergebenden Unüber
sichtlichkeit des Materials, d. h. der aus der Literatur gewonnenen Angaben
über das Vorkommen oder Fehlen jedes einzelnen Elementes bei jedem der
zu vergleichenden Völker. Nun kann man aber nur durch die Feststellung,
welche Elemente besonders häufig gemeinsam auftreten, also mittels des
Adhärenzkriteriums, zu der einwandfreien Erkenntnis einzelner Kulturkomplexe
oder Kulturschichten gelangen. Dies wurde schon von Graebner richtig er
kannt, der betonte, daß das konstante Zusammentreffen zweier oder mehrerer
Erscheinungen der Beweis für einen zwischen ihnen bestehenden engen Kultur
zusammenhang sei. Weiter sagt er: „Ihre [der Adhärenzen] methodische Ver
wertung beschränkt sich nicht auf die .. . über weite Erdgebiete oder die ganze
Erde hin verfolgbaren Komplexe; sie können auch in verhältnismäßig lokalen
Kultureinheiten dazu dienen, die verschiedenen Komponenten dieser Einheiten
auseinander zu kennen L“ Wie ist es nun aber praktisch möglich, auch nur
in einem beschränkten Gebiete die relative Häufigkeit des gemeinsamen Vor
kommens und Fehlens mehrerer Kulturelemente zu überschauen? Man stelle
sich einmal vor, wir hätten in einem Gebiete 30 Stämme, von deren jedem
wir wieder 100 Kulturelemente in Betracht ziehen wollen, so müssen wir schon
mit 3000 Angaben operieren. Wie wollen wir da aber sagen, welche Kom
binationen von Elementen die häufigsten sind und welche Elemente sich gegen
seitig meiden? Graebner glaubt zur Veranschaulichung des Materials die
kartographische Darstellung empfehlen zu können. Sie hat gewiß große Vor
teile, ist aber nur dort verwendbar, wo wir die Verbreitung einer relativ 1
1 Methode der Ethnologie, Heidelberg 1911, S. 119.