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Volltext: Globus, 83.1903

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Kleine Nachrichten . 
zunächst einen 55 cm langen keulenförmigen „ Gexneinde - knixppel“ der Gemeinde Prohlis ( südl . von Dresden ) , der noch Ende der sechziger Jahre in Gebrauch war . Er scheint aus Büster - oder Birnbaumholz roh geschnitzt zu sein und ist noch ( unten ) mit seinem Originalbindfaden versehen . mals wurde der Prohliser Gemeinderat noch echt lisch öffentlich unter freiem Himmel auf dem Dorfplatz unter den Linden abgehalten . Sollte er sich versammeln , so schickte der Vorstand einen seiner Leute zur Mittagszeit mit dem „ Gemeindeknüppel“ von Gehöft zu Gehöft , wo jedem Thor , welche damals noch aus Holz bestanden , drei kräftige Schläge mit dem Knüppel versetzt wurden , „ dafs das ganze Haus di’öhnte“ . Jeder wufste aus Erfahrung , was diese Schläge zu bedeuten hatten , und pünktlich versammelten sich die Gemeinderatsmitglieder zur stereotyp gewordenen Stunde desselben nachmittags unter den Dorflinden . Die knüppel sind jetzt nirgends mehr im Gebrauch . 
Als Seitenstück zu den Gemeindeknüppeln sind die bei weitem zierlicheren , ja mitunter sogar kunstvoll angefertigten „ Gemeindehämmer“ zu betrachten . Ein solcher meindehammer , den Dr . B . erwarb , stammt aus der kleinen Doppelgemeinde Bärenklause - Kautzsch , ebenfalls südlich von Dresden . Derartige Gemeindehämmer sind in den Dörfexm des Niederlandes und in der Nähe der grofsen Städte des Sachsenlandes jetzt wohl nur noch wenigen bekannt , in den kleinen Gemeinden aber der gebirgigen Gegenden , besonders der Ausläufer des Erzgebirges , haben sie sich noch lange halten , ja sie sind dort noch heutigen Tages im Gebrauch und werden voraussichtlich noch ein gut Stück in das 20 . hundert im Gebrauch bleiben . Der Bärenklauser hammer ist aus Holz gefertigt und besteht aus dem Stiele und dem eigentlichen Hammerkörper . Der Hammerkörper ist hier 15 cm lang , 5 cm hoch und 4 cm breit und setzt sich aus zwei Teilen zusammen , einem 1 , 5 cm hohen unteren und einem 3 , 5 cm hohen oberen , welche durch Drehung des an seinem oberen Ende mit einem Schraubengewinde versehenen 21 cm langen Hammerstieles nach Art einer Kartenpresse fest aneinander gedrückt werden und dadurch einen dazwischen gesteckten Zettel , der irgend eine amtliche Verordnung oder eine Bekanntmachung trägt , festhält . Der Hammer dient nun mit seiner immerhin voluminösen Form einesteils zur Belastung und Beschwerung der flüchtigen leichten Zettel , anderenteils hatte er ursprünglich den Zweck , bei schlossenen Thüren als Klopfer zu dienen , und zwar so lange , bis irgend ein Hausgenosse erschien und den Hammer mit der Bekanntmachung in Empfang nahm , welcher dann in das Nachbarhaus und von da wiederum durch alle Hauswesen hindurch zu dem Gemeindevorstand zurückgelangte . 
— Theodor Koch , eins der Mitglieder der Hermann Meyerschen Xinguexpedition und den Lesern des Globus durch eine Beihe von Arbeiten über das Forschungsgebiet jener Expedition bekannt , hat Ende April eine phische Studienreise nach Brasilien angetreten . Sein Ziel ist das Quellgebiet der Flüsse Yuruä und Ukayali ; er will dabei versuchen , auf dem Landwege aus dem einen Stromgebiete in das andere zu gelangen . 
— Neue kongostaatliche Eisenbahnpläne . König Leopold hat am 14 . März die Bildung einer schaft genehmigt , die zwei neue Linien bauen und in Betrieb erhalten wird . Die Gesellschaft heifst „ Société d’études des chemins de fer du Stanley Pool au Katanga et de ITtimbiri à l’Uele et à un point à déterminer sur la frontière çaise“ , und aus ihrem langen Namen geht hervor , was sie bezweckt . Der Vertrag mit dem Staat ist am 30 . März d . J . geschlossen worden ; es heifst darin : Der Staat unterstützt die Gesellschaft insofern , als er ihr nach Wahl 10 000ha herrenlosen Landes im Bassin des Uëlle und 10 000 ha am linken Kongoufer unterhalb Stanleyville zur Verfügung stellt . Aufserdem beteiligt sich der Staat an dem Unternehmen mit 5 000 000 ha Land im Werte von 25 000 000 Frcs . ; dieses Terrain wird der Staat für gemeinsame Bechnung ausbeuten , derart , dafs die Einkünfte zwischen Staat und Gesellschaft gleich - mäfsig geteilt werden . — Die Aktionäre sind Belgier . Das Projekt Stanley - Pool—Katanga ist ein Konkurrenzprojekt für die Linien , die auf östlicheren Wegen Katanga mit dem besi und dem oberen Kongo in Verbindung bringen sollen , und die von englischen Geldgebern geplant werden . Die Linie Itimbiri—Uëlle würde den Uëlle und den Mbomu mit den schiffbaren Stellen des Kongo in direkte Verbindung bringen . Es scheint , die englisch - kongostaatliche schaft ist etwas im Erkalten begriffen ; auch andere Dinge deuten darauf hin . 
- — Eine interessante Broschüre veröffentlicht P . J . bius über Geschlecht und Krankheit ( Halle a . S . , Mar - hold , 1903 ) , wonach Verfasser Krankheiten mit natürlichem Geschlechtsunterschied von solchen mit sozialem unterscheidet . In der ersten Abteilung überwiegen die Frauen , in der ten ist das Übergewicht der Männer unverhältnismäfsig grofs . Die Männerkrankheiten der ersten Gruppe — mit Ausnahme von Diabetes — sind ganz seltene Krankheiten , während sich unter den Weiberkrankheiten sehr häufige und praktisch wichtige Krankheiten befinden . Für die Mortalität kann man die genannte erste Gruppe beiseite lassen , denn die Zahlen sind klein . Die Weiberkrankheiten der zweiten Gruppe sind wie die akute Leberatrophie teils selten , teils ohne Ein - flufs auf die Sterblichkeit . Anders steht es bei den Männern . Die bei ihnen zum Tode führenden Krankheiten sind teils akute , oftmals als Seuchen auftretende Krankheiten oder chronische , Tag für Tag wirkende . Jene wie Typhus , gelbes Fieber , Buhr erschrecken , weil sie in kurzer Zeit viele Opfer fordern , aber im ganzen ändern sie die Mortalität nicht deutend . Die langsamen Mörder aber sind die Folgen des Alkoholgenusses und der venerischen Krankheiten . Gäbe es keinen Alhohol und keine venerischen Krankheiten , so den die Männer weniger krank sein und länger als die Weiber leben , denn keine Thatsache spricht für die angeborene gröfsere Widerstandsfähigkeit der Weiber , eher findet das Gegenteil statt . Würden die Lebensumstände gleichgemacht , so miifste die weibliche Mortalität vermöge der gröfseren Menge der von Natur vorwiegend weiblichen Krankheiten die männliche Sterblichkeit überragen . Den Gefahren des Fortpflanzungsgeschäftes stellt Möbius bei den Männern die Abgänge durch Unfall und Selbstmord kompensatorisch gegenüber . Man kann direkt behaupten : Die Männer kranken und sterben durch ihr Handeln häufiger als die Weiber , namentlich infolge des Alkohols und der venerischen Krankheiten . 
— Am 19 . Februar d . J . wurde über Berlin eine artige Erscheinung , wie sie sonst nur im Gebirge kommt , beobachtet ; sie zeigte alle dem Föhn anhaftenden Merkmale , wie sehr hohe Temperatur , grofse Trockenheit und aufserordentliehe Durchsichtigkeit der Luft und auch deren eigenartigen Geruch . Elias vom Meteorologischen Institut , der in einer der letzten Sitzungen der Berliner meteorologischen Gesellschaft darüber berichtete , führte dabei aus , dafs die an jenem Tage aufgelassenen Drachenballons bei der Durchsichtigkeit der Luft in der erreichten Höhe von 5500 m sehr deutlich gesehen werden konnten . Die sachen der Erscheinung lassen sich noch nicht klar erkennen , da das Beobachtungsmaterial zum gröfsten Teil noch aussteht , doch haben sich bereits einige Fingerzeige ergeben . So hat man an jenem Tage in Potsdam einen aufserordentlich hohen Staubgehalt der Luft — 30 000 Staubteilchen im Kubik - centimeter — konstatieren können , und nach Professor manns Mitteilungen hat man auf etwa 40 Stationen in den österreichischen Alpen , in Böhmen und Schlesien Ähnliches beobachtet . Auch dort waren die Witterungsverhältnisse ganz abnorm : 16 , in den Alpenländern gar 20° C . am 
20 . Februar . Nach Professor Afsmanns Ansicht käme es darauf an , Drachen öfter und für längere Zeit in möglichst gi’ofse Höhen zu bringen ; dann werde man wohl mehr Licht über jene Staubex * scheinungen gewinnen . 
— H . Matiegka veröffentlicht in den Sitzungsber . der bölxxn . Akademie d . Wissensclx . , math . - naturw . Klasse , für 1902 eine Arbeit über das Hirngewicht , die zität Avie Kopfforxn , sowie deren Beziehungen zur chischen Thätigkeit des Menschen . Besoxxders essant ist der Einflufs der Krankheiten und Todesart auf das Hixmgewicht . Die tubeiduilösen Erkrankungen , die Sepsis und die übi’igen zumeist chronischen Krankheiten , die mit einer bedeutenden Körpererschöpfung einhergehen , üben auch auf das Hii - ngewicht ihrexx verderblichen Einflufs aus ; schnell verlaufende Lungenentzündungen beeinträchtigen es nicht . Bei Herz - und Gefäfserkrankungen fand sich eixx besondex - s hohes Hirngewicht . Bei allgemeinen Vei’brennungen und Verbrühungen findet sich ein hohes Gewicht des Hirns vor ; dasselbe zeigt sich beim Ex'hängen und Ertrinken . Der verlust bei Schufs - und Stichwunden wie Kontusionen mindert das Hixmgewicht , dasselbe tritt bei Vergiftungen auf . Es müssen jedoch auch bei Lösung dieser Frage die schiedenen anderen , das Hirngewicht bestimmenden Umstände mit berücksichtigt Averden , so z . B . kommt die Körpergrüfse bedeutend ixx Frage . 
Vei’antAVortl . Redakteur : H . Singer , Berlin NW . 6 , Schiffbauerdamm 26 . — Druck : Friedr . Vievveg u . Sohn , Braunschweig .
	        
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