G LO B U S .
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER - und VÖLKERKUNDE .
VEREINIGT MIT DER ZEITSCHRIFT „ DAS AUSLAND“ .
HERAUSGEBER : Dr . RICHARD ANDREE . VERLAG von FRIEDR . VIEWEG & SOHN .
Bd . LXX . Nr . 5 . BRAUNSCHWEIG . Juli 1896 .
Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet .
Der Schauplatz des Krieges im ägyptischen Sudan .
( Mit Benutzung von Original - Berichten aus Kairo . )
Vor kurzem verlautete die Nachricht von dem ersten Siege , den die Ägypto - Engländer über die Derwische bei Ferke davongetragen haben . Dieser Erfolg ist nicht blofs kriegerischer Art , sondern er beruht vor allem auch auf der geschickten Lösung der Aufgaben , welche das Verkehrswesen an die englische Leitung des ganzen Unternehmens stellt . Die Wege und teilweise auch die Mittel des Verkehrs sind für das englische Unternehmen durch die Natur zeichnet . Das Nilthal bietet aufser dem Flusse eine Eisenbahn , welche früher bei Siut endete . Die dition hat ihre rung ungesäumt in Angriff genommen und war Ende März damit bis etwa über Girgeh , bis wohin die linie von Kairo ah 505 km mifst , fertig geworden .
Der Nil ist in dieser Jahreszeit für gröfsere Fahrzeuge nur bis zum zweiten Katarakt aufwärts , also bis etwa oberhalb Wadi Haifa , befahrbar . Bis dahin wird er von europäischen Dampfern im Dienste der Expedition befahren . Weiter oberhalb können sich jetzt nur die kleineren Fahrzeuge der Eingeborenen bewegen , wobei überdies bei den reichen Katarakten dungen erforderlich sind .
Allerdings hat der Flufs im Frühjahr seinen tiefsten Wasserstand ; von Mitte Juni ab beginnt das Anschwellen seines Spiegels , nächst vom Blauen Nil her , und von Ende Juli ah ist er auf die Dauer von etwa zwei Monaten oberhalb Wadi Haifa auch für Dampfer befahrbar . Sobald möglich , soll dann auch eine Anzahl derartiger Dampfer dort in Thätigkeit treten , darunter drei neue Kanonenboote von einer Leistungsfähigkeit , wie sie bisher diese Gegenden noch dicht kennen gelernt haben .
Die Verkehrsmittel auf dem Wasser reichten freilich schon unterhalb Wadi Haifa nicht aus zur Bewältigung
Globus LXX . Nr . 5 .
der der Beförderung harrenden Menschen , Tiere und Sachen , obschon der Nil aufser von den Dampfern auch von einer Anzahl von Segelfahrzeugen belebt war , die jeden Nordwind zum Vorwärtskommen benutzten . Die Expedition sah sich daher schon hier genötigt , die für ihre Zwecke benötigten Kamele auf dem Landwege , auf dem rechten Ufer des Nil , befördern zu lassen , schon dieser Weg bedeutend länger als der auf dem
Flusse ist und dabei von Assuan an keine heit zum Erwerb von rungs - Mitteln bietet , die daher von den Kamelen von dort ab mitgeführt werden mufsten . Von Wadi Haifa ab südwärts gewinnt dieser Landweg natürlich doppelte Bedeutung , und an der endung der auf der rechten Seite des Nils von hier weiter nach Süden gehenden Bahn ist daher mit dem gröfsten Eifer gearbeitet worden . Ende Juni reichte sie bis Akasche , und zeitig wurde schon ihre weitere Fortsetzung nach Süden ins Auge gefafst . Diese Bahnstrecke zerfällt landschaftlich in zwei gröfsere Abschnitte , von denen der nördliche , der bis etwas südlich von Sarras reicht , unmittelbar am ten Nilufer stromaufwärts führt , während der südliche , den Bogen des Flusses schneidend , die Wüste durchkreuzt . Überall hat dabei der Bau der Bahn wie auch der ganze Vormarsch des Heeres teils in den schon vorhandenen Städten ein ganz neues Leben vorgerufen , teils neue Verkehrsmittelpunkte geschaffen , die teilweise ebenso rasch ihre Bedeutung wieder loren haben oder verlieren werden , wie sie sie gewonnen haben .
So hat Wadi Haifa einen aufserordentlichen , aber wahrscheinlich teilweise vorübergehenden Aufschwung genommen . Vor zehn Jahren noch ein unordentlicher
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