GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DER ZEITSCHRIFT „DAS AUSLAND“.
HERAUSGEBER: Dr. RICHARD ANDREE. VERLAG von FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXII. Nr. 5. BRAUNSCHWEIG. 31. Juli 1897.
Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet.
Die Müggelberge, der Müggelsee und der Teufelssee bei Friedriclisliagen
in der Mark.
Beschreibung, Entstehung, Sagen 1 ) und Sprachgeschichtliches.
Von Dr. Hubert Jansen. Friedrichsliagen.
Die Müggelberge.
Die aus diluvialen Sand-, Lehm- und Thonschichten,
doch zumeist aus Sand bestehenden Müggelberge
stofsen mit ihrem Fufse nördlich an den Müggelsee und
südwestlich an die Dahme oder Wendische Spree (die
hier auch „Langer See“ heilst). In der Richtung von
Osten nach Westen, oder genauer: von OSO nach WNW,
die das Hauptstreichen der grölsten und ansehnlichsten
Höhen in der Mark ist (wie z. B. des Golmberges bei
Baruth, des Kolberges am Wolziger See westlich von
Storkow, der Rauenischen Berge u. s. w.), vereinigen
sich eine Anzahl Kuppen auf gemeinschaftlichem Fufse
zu einem einzigen, durch eine Einsattelung in zwei
Gruppen zerfallenden Bergzuge, der gegen Mittag und
Mitternacht am steilsten ansteigt unter Winkeln von
25 bis 30, ja sogar 35°. Der südliche Teil des Fufses
dieses Bergzuges ist bis ans Wasser mit Kiefern be
wachsen , der westliche und nordwestliche bezw. nörd
liche Teil mehr gruppenweise; der östliche hat teils
Hutung und Wiesen, teils Saatfelder, die mit Holzung
abwechseln und der Pfälzerkolonie Müggelheim gehören.
Der Bergzug liegt frei in der Ebene, wie eine Insel im
Wasser. Der höchste Punkt, der mittlere der drei Ost
gipfel, ist nach barometrischen und trigonometrischen
Messungen 119,6 m hoch über dem Meere und erhebt
sich 87 ] /4 m über den Spiegel des Müggelsees. Oben
sind die Berge jetzt nur sparsam bewaldet, wenigstens
auf den höchsten Punkten. Ihre isolierte Lage macht
sie für die ganze Umgegend zum Wettei’zeiger; sind
die Gipfel in Dunst eingehüllt, wenn (wie man sagt)
„der Berg raucht“, so erwartet man schlechtes, —zeigen
sie sich klar, heiteres Wetter.
Die zwei, durch den Teufelssee und eine bei ihm be
ginnende, nach WSW sich erstreckende Einsattelung
getrennten Gruppen sind eine mehr östliche und eine
mehr westliche (vgl. die umstehende Karte).
1. Im Osten der sogenannte „Grofse Müggelberg“
oder, weil mehrere Kuppen umfassend, „die Grofsen
Müggelberge“, mit Gipfeln von 92,6, 94,8, 113 und
119,6 m über Meer. Auf der Karte der Königlichen *
0 Die Sagen nach Klöden, Beyrich,Plettner, v.Ben-
nigsen-Förder, Berghaus, Girard, Berendt, Lossen,
Joh. Frenzei, bezw. (in Bezug auf die Sagen) Beckmann,
Kuhn, Fontane, Eichberg.
Globus LXXII. Nr. 5.
Landesaufnahme sind die höchsten Punkte mit360Fufs
[= 112,98 m] und 381 Fufs [= 119,58 m] bezeichnet,
während der in manchen Büchern etc. als höchste Er
hebung angegebene Punkt des Deckerischen Triangu
lations-Signals nur 302 Fufs [= 94,75 m oder rund
95 m] hoch ist. Diese letztere Zahl (302) kann man
auf den amtlichen Karten leicht finden und deutlich
lesen, während die gröfseren Höhen (360 und besonders
381) in den dunkeln, dicken Schraffierungslinien schwerer
zu finden sind; das ist wohl der Grund, weshalb sie
meist übersehen wei’den.
2. Im Westen der sogenannte „Kleine Müggelberg“
oder die „Kleinen Müggelberge“, bis zu 255 Fufs [=80m]
hoch. Nahe dem Teufelssee erhebt sich hier ein in
den letzten Jahren gebauter Aussichtsturm von 20 m
Höhe.
Das Hauptstreichen beider Gruppen getrennt ist von
Ost nach West gerichtet, jedoch das des ganzen, in
sich zusammenhängenden Gebirgszuges von OSO nach
WNW.
Sehr anschaulich ist die Beschreibung der Müggel
berge, die uns Th. Fontane in seinen „Wanderungen
durch die Mark Brandenburg“ giebt: „Diese Müggel
berge — so schreibt er — sind ein höchst eigentümliches
Stück Natur, ganz abweichend von den Bergformationen,
denen wir sonst wohl in unserem Sand- und Flachlande
begegnen. Unsere märkischen „Berge“ (wenn man uns
diese stolze Bezeichnung gestatten will) sind entweder
Plateauabhänge oder einfache Kegel. Nicht so die
Müggelberge; sie sind wie das Modell eines Gebirges,
als habe die Natur in müfsiger Stunde, in heiterer Laune
versuchen wollen, ob nicht auch eine Urgebirgsform aus
märkischem Sande herzustellen sei. Alles en miniature
— aber nichts ist vergessen: ein Stock des Gebirges,
ein langgestreckter Grat, Ausläufer, Schluchten, Kuppen
und Kulme, alles ist da, — das Ganze wie eine Relief
karte in grofsem Stil vor die Thore Berlins gelegt, um
die flachländische Residenzjugend hinauszuführen und
um über Gebirgsformen ad oculos demonstrieren zu
können. — Wir haben den Grat des Berges ungefähr
in seiner Mitte erreicht, wo er mehr eine leise, mulden
artige Vertiefung als eine Erhöhung zeigt. Die Kuppen,
die den Bergrücken überragen und deren wohl ein
halbes Dutzend vorhanden sind, befinden sich an den
vorgeschobensten Punkten, so dafs der ganze Berg einem
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