GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DER ZEITSCHRIFT „DAS AUSLAND“.
HERAUSGEBER: Dr. RICHARD ANDREE. VERLAG von FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXII. Nr. 4. BRAUNSCHWEIG. 24. Juli 1897.
Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet.
Die Ureinwohner Indiens in ethnologischer, religiöser und sprachlicher
Hinsicht.
Von Prof. Gustav Oppert.
(Abbildungen nach Photographieen des Verfassers.)
I.
Indien im Norden von dem höchsten Gebirgszuge
der Erde umschlossen, im Osten und Westen, soweit
die Landesgrenze reicht, ebenfalls von Gebirgen um
geben, und nach Süden hin auf beiden Seiten vom Meere
umspült, bildet durch seine abgesonderte Lage, durch
seiner abgeschlossenen Lage und dem Mangel an Inter
esse für die Aufsenwelt, welches seine Bewohner von
jeher charakterisiert hat, spielte Indien in der politischen
Geschichte der Menschheit nie eine mafsgebende Rolle,
wenngleich schon frühzeitig, durch seine Schönheit und
Fig. 1. Pariah-Schauspielertruppe. Zwischen Trommler und Lautenpieler stehen Arjuna, Krishna,
°* ’ Märkandeya, bekränzter Knabe und Tänzerin.
fine Ausdehnung, welche trotz der überwiegenden
farme doch eine grofse Verschiedenheit des Klimas
nd infolgedessen eine bedeutende Mannigfaltigkeit der
ier- und Pflanzenwelt darbietet, sowie durch die Menge,
lastenabsonderung, eigentümliche Begabung un n
dckelung seiner Bevölkerung auf religiösem, littera-
:schem und künstlerischem Gebiet ein selbständiges
anzes, gewissermafsen einen Kontinent für sich. Wegen
Globus LXXII. Nr. 4.
seinen Reichtum angelockt, Eroberer in das Land ein
fielen und es teilweise unterwarfen. Obschon nun von
der Vorgeschichte Indiens sehr wenig bekannt ist, so
darf doch mit ziemlicher Bestimmtheit angenommen
werden, dafs Indien zur Zeit der arischen Einwanderung
von einer in viele Stämme geteilten, nichtarischen Rasse
bewohnt war, einer Rasse, deren Nachkommen noch jetzt
die Lande von Kaschmir im Norden bis nach Kap
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