GLOBUS.
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- UND VÖLKERKUNDE.
VEREINIGT MIT DER ZEITSCHRIFT „DAS AUSLAND“.
HERAUSGEBER: Dr. RICHARD ANDREE. VERLAG von FRIEDR. VIEWEG & SOHN.
Bd. LXXII. Nr. 3. BRAUNSCHWEIG. 17. Juli 1897.
■¡Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet.
Ein Aufenthalt in Makalla (Südarabien).
Von Leo Hirsch.
Sieht man von Aden, dem arabischen Gibraltar, ab,
so findet man für die langgedehnte Südküste der Ara
bischen Halbinsel nur geringes Interesse, was wohl seinen
Grund darin hat, dafs grofse kaufmännische Vorteile
hier kaum zu erzielen sind, während die wissenschaft
liche Forschung, der noch fast alles zu thun übrig bleibt,
durch den Fanatismus, und mehr noch durch das Mifstrauen
der eingeborenen Bevölkerungen am Vorwärtsschreiten
gehindert ist. Selbst nachdem England sich auch auf
diese Küste den mafsgebenden Einflufs gesichert und
mit den ansässigen kleinen Sultanen, Schechs und son
stigen Autoritäten Freundschaftsverträge geschlossen
hat, und ihnen sogar „Tribut“ zahlt, der sie verpflichtet,
das Liebeswerben jedes Dritten zurückzuweisen, haben
sich diese Verhältnisse nur wenig geändert, und die
Schwierigkeiten des Eindringens in das fast unbekannte
Innere sind nahezu dieselben geblieben. Die von der
gewöhnlichen Verkehrsstrafse abgelegenen Küstenstädte
allein konnten aber auf den Forscher kaum eine erheb
liche Anziehungskraft üben, und so ist es gekommen,
dafs sie, obschon in vieler Hinsicht interessant, doch in
Europa kaum dem Namen, und noch weniger ihrer
äufseren Erscheinung, ihren politischen und Bevölkerungs-
Verhältnissen nach bekannt geworden sind.
Meine Absicht, die Landschaft Hadramüt zu erforschen,
führte mich längs dieser Küste, an der ich einen Aus
gangspunkt für meine Unternehmung zu gewinnen
suchte. Trotz nachdrücklicher Empfehlungen des briti
schen Residenten in Aden waren meine Bemühungen
lange vergebens; man nahm mich überall anständig auf,
erklärte es aber, an
geblich meiner eigenen
Sicherheit wegen, als
Pflicht, mir die Erlaub
nis zur Reise ins Innere
zu versagen. So war
ich auf meiner öst
lichen Fahrt bis nach
dem an der Mahra-
küste belegenen Ki
schin , der unschein
baren Residenz des
alten Sultans Ali bin
Abdallah bin Afrir
gelangt, an dessen
liebenswürdiger und
gastfreundlicher Hal
tung durchaus nichts
auszusetzen war, der
mir aber schliefslicli,
ganz wie die Macht
haber, bei denen ich
zuvor angeklopft, statt
thätigen Beistandes
nur den guten Rat
gab, meine Pläne von
einem der anderen
Häfen des Mahralandes aus ins Werk zu setzen. —
Statt mich indessen auf ungewisse Aussichten hin
noch weiter von meinem Ziele zu entfernen, schien es
mir besser, mich ihm wieder zuzuwenden, und mein
Heil in Makalla zu versuchen, das ich vorher über
sprungen, und an dessen Häkim Abdul Chälig bin Al
mäs ich gleichfalls Adener Empfehlungsbriefe besafs.
Mit einer recht gebrechlichen kleinen Sambuk, die ge
rade segelfertig in Kischin lag, erreichte ich nach vier
tägiger Seefahrt Makalla, wo nach Überwindung mancher
Schwierigkeit meine Wünsche endlich in Erfüllung
gingen. Durch den längeren Aufenthalt, zu dem ich
. Grap des Schutzheiligen von Makalla und Palast der früheren Herrscher.
Photographiert von Leo Hirsch.
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Globus LXXII. Nr. 3.