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Einführung der Zucht zahmer Rennthiere unter den Eingeborenen Alaskas.
stück abgebildet, und Fig. 2 giebt einen schematischen Quer
schnitt der Schlucht, in welcher hei x ein Molar von H. ante-
lopinum und mehrere zugeschlagene^ Feuersteine gefunden
wurden, a stellt die Zone des Pliocän dar, in der Reste von
Mastodon latidens und Hippopotamus irravadicus Vorkommen,
b stellt das vorhin besprochene pliocäne, eisenhaltige Kon
glomerat, und c die zum Miocän gerechnete Yenang young-
Schicht dar. — An der Fundstelle trat das Konglomerat in
nord-südlicher Richtung 18 bis 24 m und in entgegengesetzter
Richtung 6 bis 9 m in einer Dicke von 3,5 bis 4,5 m zu Tage;
Fig. 2. Durchschnitt durch die Schlucht, in welcher bei x
der Backenzahn eines Hippotherium antelopinum und zu
gehauene Feuersteinstücke gefunden wurden.
a Pliocän mit Mastodon latidens und Hippopotamus irravadicus. —
b Pliocän, Zone des Hippotherium antelopinum und Acerotherium
perimense. — c Miocän.
offenbar war nur ein sehr geringer Teil durch Erosion weg
gewaschen. Das Konglomerat war weder sehr hart, noch
sehr weich; es bestand in der Hauptsache aus einer Menge
unregelmäfsiger Knollen von Eisenhydroxyd, die locker mit
einander verbunden waren. Zunächst fand Noetling dort
einen Molar von H. antelopinum, von dem nur die Kaufläche
und eine Seite sichtbar war. Er hatte Mühe, den Zahn mit
dem Messer aus dem Konglomerat heraus zu arbeiten. Bei
dieser Arbeit bemerkte er einige zierlich aussehende Feuer
steinstücke, die ihm umsomehr auffielen, als Quarzsteine hier
ganz fehlten. Der abgebildete Feuerstein (Fig. 1 und la)
war der gröfste und lag unmittelbar neben dem Molar so
eingebettet, dafs zwei Drittel seiner Länge noch im Kon
glomerat steckten, während ein Drittel hervorragte. Auch
die übrigen Stücke, die Noetling fand, steckten noch im Kon
glomerat, im Gegensatz zu einer zweiten Fundstelle bei
Minlintoung, wo dieselben bereits aus dem Konglomerat her-
ausgewittert waren. — Dies gab Herrn Oldham, dem Noetling
hei einem Besuch die Stelle zeigte, zu der falschen Angabe
Veranlassung, dafs sich die Geräte nicht nur auf den Stellen
finden, wo die follitreichen eisenhaltigen Konglomerate liegen,
sondern sich überall auf der Oberfläche finden, einem Mifs-
verständnisse, das Noetling hei dieser Gelegenheit aufklärte.
Etwa eine Viertelmeile nördlich von der Stelle, wo die Feuer
steine gefunden wurden und etwa 4,5 bis 6 m oberhalb der
Zone von H. antelopinum fand Noetling in einem dünnen Kon
glomeratstreifen, der zum Teil in dem darüber liegenden
Sandstein ein gelagert war, einen grofsen Knochen, dessen
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Fig. 3. Durchschnitt mit dem angeschliffenen Knochen.
S Sandstein. — c Konglomerat. b Knochen.
Gelenkenden in bemerkenswerter Weise abgeschliffen waren.
Er sah genau so aus, als ob er an beiden Enden mit Gewalt
auf einem harten Steine abgeschliffen war. An einer Seite
zeigte der Condylus mehrere Schliffflächen. Sonst war der
Knochen gut erhalten. Aus der schematischen Fig. 3 sind
die Lagerungsverhältnisse ersichtlich. S bedeutet Sandstein,
c Konglomerat und b den Knochen, der mit der Unterseite
auf dem unterliegenden Sandstein auflag; die punktierten
Linien in der Figur zeigen die abgeschliffenen Stellen an.
Diese Schliffflächen können nun nur auf zweifache Weise
entstanden sein, einmal durch Gletscherthätigkeit oder durch
Zuthun des Menschen. Da aber die erstere Annahme zu un
wahrscheinlich ist, bleibt nur die zweite übrig. — Es unter
stützt dieser Fund in günstiger Weise die Annahme, dafs
auch die Feuersteine vom Menschen bearbeitet sind, weil
ihre Form sich sonst sehr schwer erklären liefse.
Einführung der Zucht zahmer Renntiere unter den
Eingeborenen Alaskas.
Da seit der Einführung der Feuerwaffen die einst zahl
reichen Herden wilder Renntiere (Caribous) in Alaska fast
ausgerottet sind, die Eskimos Alaskas aber die Zucht zahmer
Renntiere nicht kennen, und Walfische und Walrosse, die
ihnen früher einen grofsen Teil ihrer Nahrung lieferten, von
den Walfängern von den Küsten verdrängt sind, so gehen
die Eskimos Alaskas mit Sicherheit ihrem Untergange ent
gegen.
Um dieses zu verhindern, hat man auf Anregung des
Generalagenten für das Erziehungswesen in Alaska, Herrn
Sheldon Jackson, und zwar zuerst aus Privatmitteln, den
Versuch gemacht, zahme Renntiere von Sibirien nach Alaska
einzuführen und die Eskimos Alaskas mit der Zucht der
Tiere vertraut zu machen.
Trotz anfänglich grofser Schwierigkeiten — nicht zum
mindesten dadurch verursacht, die Tiere von den sibirischen
Eskimos zu kaufen — wurden im Jahre 1891 zunächst ver
suchsweise 16 Renntiere zum Preise von lO 1 /^ Dollar pro
Stück erworben und nach einer dreiwöchentlichen Reise von
über 1000 Seemeilen in bestem Zustande auf der Amaknak-
insel im Hafen von Unalaska gelandet. Dieselben über
winterten erst vorzüglich und vermehrten sich um zwei
Stück. Im Jahre 1892 wurden bereits 175 Renntiere zu
5 Dollar das Stück angekauft und bei Port Clarence, dem
nächsten guten Hafen an der Küste von Alaska, die erste
Renntierzuchtstation eingerichtet. Vorher war das Vorkommen
von Renntiermoos in hinreichender Menge in der Umgehung
von Port Clarence festgestellt worden. Es wurde ein wohl
eingerichtetes Haus für die beiden amerikanischen Leiter und
gute Hütten für die vier sibirischen Eskimos (Tschuktschen)
erbaut, die man als erfahrene Hirten für die Herde ange
worben hatte. Diesen wurden einige junge Alaska-Eskimos
beigegeben, damit sie die Behandlung und Zucht der Renn
tiere erlernen sollten. Jeder von ihnen soll, wenn er die
nötigen Kenntnisse darin erlangt hat, einige Renntiere zur
Zucht erhalten, und so hofft man allmählich die Zucht der
Renntiere zu einem Allgemeingut der Eskimos von Alaska
zu machen und sie so vor dem Untergang zu bewahren.
Jackson berechnet, dafs das arktische und subarktische Alaska,
das so grofs ist wie England, Schottland, Frankreich und
Deutschland zusammen, gut 100 000 Eskimos ernähren könnte,
wenn erst das zahme Renntier überall verbreitet wäre,
während jetzt kaum 20 000 ein kärgliches Leben führen. —
Die Angelegenheit ist also in der That von grofser Wichtig
keit für jene Gegenden, die ihres rauhen Klimas wegen für
die Ansiedelung von Weifsen wenig verlockend sind. Durch
den Übergang von einem Jägervolk zu einem Hirtenvolk
würden die Eskimos von Alaska auch der Civilisation um
einen Schritt näher gebracht werden. — Die Transportfrage
würde in jenen Gebieten der Lösung zugeführt, denn der
Transport mit Hundeschlitten hat, da für die Hunde auch
immer Futter mitgeführt werden mufs, sehr grofse Nachteile.
Also auch die weifsen Händler und vor allem die Missionare
würden grofsen Vorteil daraus ziehen, wenn der Verkehr
durch Renntierschlitten bewerkstelligt werden könnte; ein
Renntier legt mit Leichtigkeit 100 engl. Meilen am Tag
zurück und als Lasttier trägt es mindestens drei Centner.
Aufserdem würde auch der Handel mit geräuchertem Renn
tierfleisch und Renntierzungen, sowie gegerbten und unge-
gerhten Häuten eine Quelle der Einnahme für die Eskimos
werden. — Einen kleinen Versuch mit der Zucht asiatischer
Renntiere hat die Alaska Commercial Company bereits im
Jahre 1890 gemacht. Sie führte 14 Paar Renntiere von
der Halbinsel Kamtschatka nach der Beringsinsel über, wo
die Heerde sich in den nächsten zehn Jahren auf 180 Stück
vermehrt hatte.
Die sibirischen Eskimohirten bewährten sich auf der
„Teller Reindeer Training School“ schlecht und mufsten des
halb entlassen werden. An ihrer Stelle gelang es nach vielen
Schwierigkeiten und mit grofsen Kosten sechs Renntierlappen
aus Kautokeino in Finmarken anzuwerben, die mit vier Frauen
und vier Kindern am 10. April 1894 die Heimat verliefsen
und am 29. Juli glücklich in Port Clarence anlangten. Fünf
zehn Gehülfen von den Eingeborenen Alaskas wurden ihnen