Die Schädeltrepanation bei den Kabylen des Aurès.
13
die zweite von November 1894 bis Juli 1895, die letzte
von Juni 1896 bis jetzt.
In der ersten Periode wurden Eisberge fort
während in grofsen Massen zwischen 40 bis 45°
südl. Br. und von 0 bis 40° östl. L. gemeldet, wobei
innerhalb dieses Zeitraumes die allmähliche Verschiebung
der Treibeismassen von Westen nach Osten deutlich
konstatiert werden konnte. Nach einer Pause von
einem halben Jahre kam der zweite, mächtige Schub
von Süden, und zwar durchschnittlich auf etwas öst
licheren Längen als während des ersten Schubes, nämlich
zwischen 10 und fast 60° östl. L.
Die dritte massenhafte Verfrachtung von Eis, die
schon im Winter (Juni) 1896 begann und zur Zeit der
letzten Meldungen noch anhielt, ist noch weiter nach
Osten verlegt, zwischen die Längen von 40 bis 80°
östl. L., und dies ist gerade das Merkwürdigste. Denn
bisher hat man im Speciellen die Gegend der Kerguelen
nahezu für eisfrei gehalten; so ziemlich alle Karten
zeigen hier bisher eine mehr oder weniger grofse Aus
buchtung der mittleren, nördlichen Treibeisgrenze nach
Süden, und auf diese vermeintliche Eisfreiheit stützt
sich auch — abgesehen natürlich von anderen wichtigen
Momenten — der besonders von deutscher Seite ver
tretene Plan, hier eine Südpolexpedition Vordringen
zu lassen 2 ). Es ist klar, dafs die ganz ungewöhnliche
Eistrift noch bis weit nördlich von Kerguelen, wohin
man bisher nicht einmal die äufserste, geschweige denn
die mittlere Eisgrenze verlegte, die gröfste Beachtung
bei der Erwägung der Expedition fordert, wenn schon
Lindeman jüngst am Schlufs seines ausführlichen
Aufsatzes über die Südpolarforschung 3 ) mit Recht sagte,
dafs der „Erwägungen“ nun genug seien und die Zeit
zum „Wagen“ gekommen sei. —
Wir meinen, dafs ebenso sehr wie alle geistreichen
geographischen Betrachtungen und wissenschaftlichen
Forderungen auch die unmittelbare, imponierende Sprache
dieser Naturereignisse in den hohen südlichen Breiten
zur thatkräftigen Inangriffnahme der Südpolarfrage
treiben müfsten. Wir wollen es uns deshalb auch nicht
versagen, das Wichtigste aus einem äufserst interes
santen, ja dramatischen Reiseberichte des Hamburger
Dampfers „Essen“ hier wiederzugeben, in der Annahme,
dafs jeder Leser gern diese ungewöhnlich schwierige
und doch glückliche Fahrt des von Port Elizabeth nach
Adelaide gehenden deutschen Schiffes verfolgen wird.
Kapitän Bruhn schreibt ungefähr folgendes:
„Nachdem wir am Vormittage des 26. Januar 1897
auf 42°,8 südl. Br. und 44°,4 östl. L. den ersten Eisberg
erblickt hatten, passierten wir bald fortwährend grofse
Eisberge, zwischen denen sich allmählich auch kleinere
Eismassen einstellten. Am 29. mittags waren wir in
47°,4 südl. Br. und 61°,9 östl. L.; nachmittags wurde
2 ) Siehe „Glohus“, Bd. 71, S. 325.
3 ) Ebenda.
es ganz windstill bei dichtem Nebel. Wir liefsen des
halb die Maschine langsam gehen, konnten aber nicht
verhindern, dafs wir in der Nacht gegen einen grofsen
Eisberg anstiefsen, doqh erlitt das Schiff, da es so wenig
Fahrt machte und wir sofort nach Erblicken des Eises
rückwärts gingen, keinen Schaden, auch fiel kein Eis
auf Deck; indessen sahen wir bei Tagwerden, dafs das
Vorderschiff, das rein gewesen war, ganz grau von Farbe
war, als wenn es mit Lehmwasser begossen worden wäre,
was jedenfalls von dem abgeflossenen Schmelzwasser des
Berges herrührte. Da der Nebel zu dicht war und es
ringsherum im Eise krachte, stoppten wir die Maschine
ganz bis Mittag, als es aufklarte. Wir fanden uns dann
ringsum von Eisbergen umgeben. (Mittagsort47°,5 südl.Br.
und 65°,8 östl. L.) Bis Abend passierten wir wieder
60 bis 70 Eisberge, doch waren sie kleiner als die vorher
angetroffenen, sie bildeten auch nicht die regelmäfsigen,
kompakten Massen mit steilen Kanten, sondern sahen
zerklüftet und zerbröckelt aus. Auffällig war das
fortwährende Krachen im Eise. Dies Geräusch
hat uns verschiedentlich vor Kollision bewahrt, denn
oftmals haben wir nur das Eis gehört, aber nicht gesehen.
Auf 46°,7 südl. Br. und 69°,1 östl. L. wurde endlich
das letzte Eis gesehen. Da wieder Nebel einfiel, liefs
ich nördlicher steuern und lief dann die geographische
Länge auf 45°,5 südl. Br. ab.“ —
Gegenüber dieser in jeder Beziehung ungewöhn
lichen Erscheinung drängen sich so viele Fragen auf,
dafs wir von möglichen Ursachen gar nicht sprechen
wollen 4 ). Aber auf eine mögliche Folge dieser Eistriften
sei hingewiesen, weil gerade in diesen Tagen eine Auto
rität wie J. Eliot in der „Nature“ (1897, vol. 56, p. 110 ff.)
einen höchst bemerkenswerten Aufsatz über „periodische
Änderungen des Regenfalles in Indien“ veröffentlicht
hat, der jedenfalls an einer Stelle durch die Eröffnung
weitester Perspektiven für das Ineinandergreifen von Ur
sache und Wirkung bei den Naturphänomenen sehr zu
denken giebt, wenngleich von einem Beweis noch ganz
und gar nicht die Rede sein kann. Die Schwankungen der
Regenfälle in Vorderindien nämlich, über deren ungeheure
Wichtigkeit hier kein Wort zu verlieren ist, gehen nach
diesem Gewährsmann Hand in Hand mit Schwankungen
in den Windstärken des SE-Passates des Südindischen
Oceans. (Dies ist ziemlich sicher.) Nun liegt die weitere
Schlufsfolgerung nahe, dafs die Schwankungen dieser
Windstärken ihrerseits wieder abhängig sind von ent
sprechenden Luftdruckänderungen in den mittleren süd
lichen Breiten, von wo der Passat ausgeht; und ferner,
dafs abnorme Luftdruckänderungen über diesen grofsen
Gebieten durch aufsergewöhnliche Temperaturverhält
nisse veranlafst, letztere endlich durch abnormes
Verhalten des antarktischen Treibeises bedingt sein
könnten.
4 ) Siehe hierzu die Notiz im „Glohus“, Bd. 69, S. 200.
Die Scliädeltrepanation bei den Kabylen des Aurès.
Die Trepanation der Schädel am lebenden Menschen
ist durch viele Funde für die vorgeschichtliche Zeit,
selbst bis zur Steinzeit zurück nachgewiesen. Bei den
Griechen und Römern des Altertums war dieselbe im
Gebrauch und auch den arabischen Ärzten war sie be
kannt. Wie nun die französischen Ärzte Dr. Henri
Malbot und Dr. R. Verneau in L’Anthropologie (1897,
p. 174 ff.) ausführlich darlegen, hat sich bei den Ein
geborenen am Aurès in Algier die Trepanation des
Schädels als Heilmethode bis auf den heutigen Tag er
halten. Die Ärzte jenes Gebietes, die In üblen, erzählen,
dafs seit dem Marabut Sidi Mohammed ben Ahmed die
Kunst sich acht Generationen lang vom Vater auf den
Sohn vererbt habe, andere glauben, dafs Seouli Djilianous,
ein marrokanischer Arzt und Zeitgenosse von Abulcazis,
der Erfinder dieser Kunst gewesen ist. Wie dem auch
sei, die Kunst hat bei den Chaouias immer sehr in An
sehen gestanden, und die Ärzte, welche sie ausübten,