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Aus allen Erdteilen.
cliisciien Händen liegt und gegenwärtig schon jährlich über
40 000 Fafs Soda, ausschliefslich deutscher Herkunft, ver
arbeitet. Die Lage der Bevölkerung findet der Beisende, der
sich im Vorwort als einen entschiedenen Gegner der tür
kischen Begierung bekundet, eher beneidenswert als mitleid
erregend. Die Inselgriechen mit Ausnahme der Kreter wissen
sich überhaupt mit dem türkischen Joch sehr gut abzufinden,
und es eilt ihnen durchaus nicht damit, befreit und dem
Begiment der hellenischen Politiker unterstellt zu werden,
deren Ausbeutesystem ihnen bekannt genug ist. De Launay
durchstreifte die ganze Insel. Der Olymp, 542 m hoch, ist
eine gewaltige Marmormasse ; nordwärts stürzt er mit etwa
200 m hohen senkrechten Felsen gegen ein fast unbewohntes
Serpentingebiet ab, in welchem sich aber wenigstens in den
Schluchten Bestände von Pinien und stellenweise auch Eichen
erhalten haben. Hier liegt auch, von Wald umgeben, ein
ziemlich ausgedehnter See, der Megali-Limni; er hat keinen
sichtbaren Abflufs. Ansiedelungen liegen hier nur am Meer.
Fruchtbarer und besser besiedelt ist die nördlich des tief
einschneidenden Golfes von Kalloni gelegene Halbinsel, welche
der Berg Orthymnos dominiert. An ihrer Spitze, in einer
den ganzen Archipel beherrschenden Positur, liegt Sigri,
heute ein verkommenes türkisches Dorf mit verödetem, aber
sicherem Hafen, der früher oder später noch einmal eine
Bolle in der Geschichte spielen wird. Er wurde 1891 viel
genannt, als infolge von Flottenmanövern das Gerücht durch
die Zeitungen ging, dafs England sich seiner bemächtigt
habe. Der am besten kultivierte und am dichtesten bevöl
kerte Teil der Insel ist, wie im Altertum, der östliche, Klein
asien zugewendete. Besonders im Süden, in der Umgebung
des tiefen, aber seichten Golfs von Hiera oder Olivieri hat sich
die Kultur der Olive ausgebreitet und an der Südküste hat
Potamos de Plumari, vor 30 Jahren eine kleine Fischer
ansiedelung, sich zu einer Stadt von 16 000 Seelen und einem
Centrum der Seifenfabrikation entwickelt. Es ist durch eine
gute Fahrstrafse mit der Hauptstadt verbunden, durch eine
andere mit der grofsen Fahrstrafse, welche quer durch die
Insel von Metelin nach Polikhnitos führt. Im,Gegensatz zum
Südosten ist der Südwesten der Insel fast unbewohnt und
teilweise der Malaria verfallen; die altberühmten Thermen
von Polikhnitos sprudeln noch in wunderbarer Fülle, aber
sie liegen fast unbenutzt. Doch dringt der Ackerbau immer
tiefer in diese Gebiete, deren Boden durchaus nicht unfrucht
bar ist, ein. Heute ist bereits ein Viertel der gesamten
Fläche der Insel wieder mit Ölbäumen bepflanzt, daneben aus
gedehnte Strecken mit Wein und Weizen. Die Türken sind,
mit Ausnahme der Beamten, auf wenige kleine Dörfer be
schränkt; der Grundbesitz, soweit er nicht Wakuf und des
halb unverkäuflich, ist in griechischen Händen. Das Klima
ist noch so herrlich wie im Altertum; auch die Schönheit
der — vielfach blonden — Frauen ist noch dieselbe, wie im
Altertum. Merkwürdigerweise gehen die Mädchen in grofser
Zahl entweder in die gröfseren Orte oder selbst ins Ausland,
nach Smyrna, Konstantinopel, selbst nach Ägypten, wo sie
als Dienstmädchen sich ihre Mitgift selbst verdienen, doch
kehren die meisten in die Heimat zurück. Dafs sie in dieser
Weise etwas von der Welt und von gröfseren Verhältnissen
zu sehen bekommen, ist vielleicht eine Hauptursache
des im griechischen Orient fast beispiellos dastehenden
spontanen wirtschaftlichen Aufschwungs der Insel.
Kob eit.
— Die Steinkohlenerzeugung Japans. Die Förde
rung der Steinkohlen in Japan, welche 1875 erst 560 000
Tonnen betrug, ist gegenwärtig auf mehr als 3 Millionen
Tonnen gestiegen, von denen die Hälfte im Lande verbraucht,
die andere Hälfte nach China (namentlich Hongkong und
Schanghai), Singapur und San Francisco in Kalifornien aus
geführt wird. Die Ausfuhrkohle stammt aus den Kohlen
lagern von Mike auf Kiuschiu und aus den Lagern von
Hokkaido. Hongkong führt allein 600 000 Tonnen japa
nische Kohle jährlich ein, die für Dampfschiffe und in den
Fabriken verbraucht wird. In San Francisco benutzt man
die japanische Kohle zur Gasbereitung. Die Einfuhr japa
nischer Kohle nach Kalifornien ist noch im Steigen, trotzdem
die Frachten hoch zu stehen kommen und Bückfracht für
Japan in San Francisco nicht zu haben ist.
— Zu der pflanzengeographischen Karte von
Mittelalbanien und Epirus giebt A. Baldacci
(Petermanns Mitteil., Bd. 43, Heft 7 und 8) ausführliche Er
klärungen auf Grund sechsjähriger Untersuchungen und
Sammlungen. Zu unterscheiden ist die Mittelmeerzone im
Sinne Grisebachs, das Gebiet des Bergwaldes nach Drude
und die arktisch - alpine Begion, vielleicht noch geteilt in
subalpine Zone, alpine Zone und Schneeregion. Als Ver
treter der Mittelmeerflora sieht Baldacci namentlich Quercus
coccifera an, welche den Boden bis zu 1000 und 1200 m
Meereshöhe in bemerkenswerter Ausdehnung überzieht. Bis
dahin finden sich auch die Getreidearten, von denen der
Mais noch am meisten gebaut wird; im ganzen ist der
Ackerbau ungeheuer primitiv, die Weinkultur fast in Ver
gessenheit geraten, die Olive so gut wie nicht gepflegt; das
selbe gilt von der Baumwolle; nur der Tabak macht eine
kleine Ausnahme. Die albanesischen und epirotischen Ebenen,
die im Frühling und Sommer überschwemmt sind, haben
eine wunderbare Vegetationskraft, zumal das fruchtbare
Erdreich von den reifsenden Flüssen stetig in die Ebene
hinabgespült wird. — Die mitteleuropäische Waldregion fehlt
so gut wie ganz; nicht selten dringt die immergrüne Vege
tation mitten in die alpine Flora ohne jede, auch nur die
geringste Spur von Waldbäumen. Es ist somit unmöglich,
für das Einsetzen des Bergwaldes selbst eine ungefähre
Grenze zu bestimmen. Die arktisch-alpine Zone teilt man
zweckmäisig in eine subalpine, alpine, Schneeregion; die
Grenze zwischen den oberen und unteren Begionen ist nicht
immer deutlich erkennbar. Die Schneeregion ist in diesen
Gebirgsgebieten der Balkanhalbinsel nur schwach entwickelt.
Die alpine Begion läfst sich leicht noch weiter einteilen in
den Bereich der senkrechten Wände, der Felsenrisse, der
Gerolle u. s. w. Die untere Grenze der alpinen Flora steigt
in Albanien und Epirus tief hinunter. Im allgemeinen ist
diese alpine Flora sehr reich an Arten, aber arm an Indi
viduen.
— Nach den Untersuchungen von Stefan Sedlaczek
(Verhandl. d. 8. Kongr. für Hyg. u. Demographie, Budapest
1894/1896) hat sich die Bevölkerungsziffer von 36
Grofsstädten innerhalb der letzten 90 Jahre verdoppelt
bei Amsterdam, Birmingham, Brüssel, Manchester und
Born — verdreifacht bei Kopenhagen und Marseille —
vervierfacht bei London, Lyon, Paris, Petersburg und
Prag — verfünffacht bei Breslau, Dresden, Hamburg,
Köln und Wien — versechsfacht bei Leeds, Liverpool und
Warschau — versiebenfacht bei Glasgow und Sheffield —
verachtfacht bei München — verneunfacht bei Berlin,
Budapest und Leipzig — versechzehnfacht bei Balti
more. — Darüber hinaus gehen noch New-York, Philadel
phia, Chicago und Brooklyn. Jedenfalls ist für unser Jahr
hundert die Behauptung richtig : Die Bevölkerung der Grofs-
städte beherbergt einen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt steigenden
Prozentanteil jener Länder bezw. Staaten, deren Hauptstädte
die Hauptorte derselben bilden. In welch hohem Grade die
Bevölkerung der deutschen Grofsstädte von fremdgeborenen,
das ist zugezogenen Personen durchsetzt erscheint, ergiebt
sich daraus, dafs von je 100 Ortsanwesenden nach dem Er
gebnisse der Zählung vom 1. Dezember 1890 in der betref
fenden Stadt geboren waren: in Köln 53, in Hamburg 47,
in Breslau 43, in Berlin 41, in Leipzig 40, in Dresden 38,
in München 36. Während ferner im Jahre 1861 erst ein Fünf
zehntel der Bevölkerung des Deutschen Beiches in den Grofs
städten wohnte, war es im Jahre 1885 bereits ein Zehntel und mit
Berücksichtigung der Vororte bereits ein volles Achtel! Auch
in Frankreich entfällt mehr als ein Drittel der Bevölkerung
auf Städtebewohner. Betrachten wir die Verhältnisse in den
Vereinigten Staaten, so betrug die Zahl der Städte mit mehr
als 8000 Einwohnern im Jahre 1800 nur 6, ein Decennium
darauf waren es 85, im Jahre 1880 bereits 286 und 1890
zählte man deren 448. E. B.
— Über die Länge der Dauer der Geburt und ihren
Einflufs auf das kindliche Leben lautet die Dissertation (Königs
berg i. Pr. 1896) von Fr. Embach er. Danach dauert die
Geburt eines Knaben länger als die eines Mädchens. Die
Geburt bei einer Primipara dauert länger als bei einer Multi
para. Die Knaben sind bei der Geburt mehr gefährdet als
die Mädchen, die Früchte Erstgebärender in höherem Grade
als diejenigen Mehrgebärender. Bei allen Erstgebärenden
sind die Gefahren für das kindliche Leben am gröfsten. Mit
der Gröfse des Gewichtes steigt in allen Geburtsfällen die Ge
fahr für das kindliche Leben. Es werden mehr Knaben als
Mädchen tot zur Welt gebracht. Während der Geburt starben
mehr Kinder männlichen als weiblichen Geschlechts. Von
den lebend Geborenen leiden an Krankheiten und Verletzungen
infolge der Geburt mehr Knaben wie Mädchen, von ersteren
starben in den frühesten Perioden der Kindheit mehr als von
letzteren. Vor dem Beginn der Geburt ist die Zahl der
männlichen und weiblichen Früchte, welche im Uterus ah-
sterben, gleich.
Verantwortl. Redakteur: Dr. R. Andree, Braunschweig, Fallersleberthor-Promenade 13. — Druck: Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig.