Volltext: Globus, 72.1897

GLOBUS. 
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER- und VÖLKERKUNDE. 
VEREINIGT MIT DER ZEITSCHRIFT „DAS AUSLAND“. 
HERAUSGEBER: Dr. RICHARD ANDREE. >^'4 VERLAG von FRIEDR. VIEWEG & SOHN. 
Bd. LXXII. Nr. 14. BRAUNSCHWEIG. 9. Oktober 1897. 
Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet. 
Mo orausbrücli e. 
Yon Dr. J. Früh. 
Seit mehr als 70 Jahren existieren in der deutschen 
geologisch - mineralogischen Litteratur Berichte über 
meist in Irland erfolgte Moorausbrüche. Sie sind nicht 
sehr klar. Klinge Q gab darüber eine zusammenfassende 
Darstellung und führte das Phänomen wesentlich auf 
plötzliche, unterirdische Quellzuflüsse zurück. Nachdem 
ich mich 15 Jahre mit der wissenschaftlichen Unter 
suchung von Torf und Torfmooren beschäftigt habe, 
ergriff ich gern die Gelegenheit, einen recenten Fall 
genauer kennen zu lernen. Es betrifft dies den Aus 
bruch des Gneevgullia- oder Knocknageeha- 
moores nordöstlich Killarney, Kerry Co., Irland, 
den 28. Dezember 1896. Eine Specialkommission der 
R. Dublin Soc. war mit der Untersuchung an Ort und 
Stelle beauftragt und hat darüber bereits in den Scient. 
Proceed. der Gesellschaft, Yol. 8 (N. S.), Part. Y, April 
1897 ihre Ergebnisse mitgeteilt (s. Referat in „Times“ 
16. August 1897, ferner Bericht von Prof. Cole in „Na 
ture“ Yol. 55 vom 14. Januar 1897). 
Wie auf den Blättern 173 und 174 der One Inch 
Map of Ireland zu sehen ist, liegt das fragliche Moor, 
ein typisches Hochmoor, auf der Wasserscheide 
zwischen Blackwater River im Osten und dem Ownacree 
River im Westen, welch letzterer sich in den Lake 
Killarney ergiefst. Die Meereshöhe beträgt etwa 233 m. 
Das Moor zeigte eine normale Wölbung über die Ränder 
und eine die irischen Hochmoore charakterisierende 
Yegetationsdecke. Im Südwesten und Nordosten war 
es durch Torfgräben für Torfausbeute etwas entwässert. 
Im übrigen bestand von jeher im Südwesten an der 
Oberfläche eine „wet vein“; in deren Verlängerung ist 
der Anfang eines Seitenthälchens zum Ownacree River. 
Noch mufs bemerkt werden, dafs an diesem Südwestende 
zahlreiche bis 9 m hohe Torfwände bestanden. Das 
Moor war also hier stark angeschnitten, verwundet. 
Gerade hier erfolgte am 28. Dezember morgens zwei bis 
drei Uhr der Ausbruch. 
Ein wasserreicher, schwarzer Schlammstrom be 
wegte sich das Seitenthälchen hinab, rifs ein Haus samt 
acht Inwohnern mit, die ihr Leben nicht mehr retten 
konnten, erfüllte teilweise einen alten Steinbruch, staute 
sich später an flachen Stellen im Hauptthal zu einem 
vorübergehenden Schlammsee und erreichte endlich den 
Lake Killarney. Die Ausbruchsstelle beginnt bei den 
Torfwänden mit einer etwa 200 m breiten Bresche, die 
eine ovale Vertiefung öffnete mit einer Längsachse von 
0 Englers botanische Jahrb. XIV, 426 bis 461. 
Globus LXXII. Nr. 14. 
1400 m und einer Querachse von 1000 m. Die Ränder 
der Hohlform sind von staffelartig und parallel zur 
Peripherie angeordneten Absätzen und Randspalten um 
gürtet, welch letzteren mit schlammigem Torfwasser erfüllt 
waren. Man erkennt also hierin sofort das typische 
Bild eines Erdschlipfes bei reichlicher Gegenwart von 
Wasser und eine Dreiteilung des Phänomens in Aus 
bruchsstelle, Murgang und Ablagerungsgebiet. 
Das gab mir Veranlassung, zum Teil mit Hülfe des 
offiziellen Report der Specialkommission, alle bis jetzt 
bekannten Moorausbrüche in ihren Originalbeschreibungen 
kennen zu lernen und dadurch einen Einblick in diese 
in der Litteratur oft entstellte, fast rätselhaft erschei 
nende Naturerscheinung zu erhalten. Klinge verfügte 
über 9 Fälle, meine Abhandlung, welche im dritten 
Heft der Vierteljahrsschrift der nat. Ges. Zürich 1897 
erscheinen wird, über 30. Ein Dritteil der Arbeit bezieht 
sich auf die Analyse der bekannten Fälle, die Hälfte 
verbreitet sich über Natur und Ursachen der Mooraus 
brüche, die man bis jetzt in typischer Form nur in 
Irland, England und Schottland und den Falklands- 
Inseln in Südamerika beobachtet hat. Indem ich für 
die Art der Untersuchung und Beweisführung auf die 
Originalarbeit verweise, teile ich hier die Ergebnisse mit: 
a) Natur der Moorausbrüche. 
1. Es sind gleitend bewegte Erdmassen, Schlipfe 
(slides, slips), nicht „Eruptionen“ oder „Ausbrüche“, 
welche auf eine plötzlich wirkende, stofsende, unter 
irdische Kraft hinweisen könnten. 
2. Zwei der Beispiele sind in ihrer Gesamterscheinung 
wahre Erdschlipfe, d. h. gleitend bewegte terrigene 
Massen. 
3. In einem Falle wird ein Teil eines Moores durch 
Hochwasser aus einem Bergsee mitgerissen. 
4. Moorteiche und damit fein zerteilte, breiige Torf 
massen können nach Kinahan überfliefsen („walking 
bogs“, selten!). 
5. Die übrigen sind wahre Moorschlipfe (bog-slides), 
d. h. gleitend bis wälzend bewegte, wasserreiche phyto- 
gene Massen. 
In zwei Fällen erfolgte eine seitliche Rutschung des 
Moores in einen Fluís. In der Regel erfolgt die 
Rutschung von dem einen unteren Ende des Torfmoores 
in den Anfang eines entsprechenden Thaies. Bei Nr. 3 
bis 5 entstehen schwarze, in der Regel dünn fliefsende 
Murgänge. 
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