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Aus allen Erdteilen.
meisten alten Gräbern entstammend. Uhles Schilderungen
von Pachacamac, das im fruchtbaren Thale des Lurin, nicht
fern von Lima, gelegen ist, weichen wesentlich von dem
ab, was wir nach heutigen Begriffen uns als Städte denken.
Er zeigt unter anderem, dafs die Verkehrswege der Bewohner
nicht in den Strafsen, sondern auf den 1 bis 3 m dicken
Mauern lagen, welche die Häuser umgeben.
— Heinr. Hünnekes giebt (Progr. d. Progymn. Linz a. Rh.
1897) Aufschlufs über Beständigkeit und Wechsel
unter den Ausfuhrerzeugnissen der Insel Cuba
seit ihrer Entdeckung durch Christoph Kolumbus. Die Insel
mit einem Flächeninhalt von rund 119 000 qkm und mit über
iy 2 Mill. Bewohnern, worunter 1 Mill. Weifse sich befinden,
führte Rohrzucker und Tabak als Hauptprodukte, Honig,
Wachs, Kakao, Hölzer, Früchte, Bastpflanzen, Schwämme,
Schildpatt und Metalle als Nebenprodukte aus. Der jähr
liche Wert der gesamten Ausfuhr beziffert sich für Cuba
auf 255 Mill. Mark, wovon Zucker 170 und der Tabak
68 Mill. Mark ausmachten, während der Rest auf alle anderen
Ausfuhrartikel zusammen entfiel. Die Hälfte des ganzen
cubanischen Handels vollzog sich mit den Vereinigten Staaten,
die andere Hälfte mit Spanien, England, Deutschland, Mexiko
und Südamerika. Nach der im Jahre 1891 mit den Ver
einigten Staaten von Nordamerika abgeschlossenen Überein
kunft dürfen Zucker, Kakao, Häute und Kaffee aus Cuba mit
Porto Rico zollfrei nach der Union gehen und werden wohl
in Zukunft, sobald das unglückliche Land zur Ruhe kommt,
einen noch gröfseren Aufschwung nehmen. Leider hat der
mit dem Mutterlande Spanien begonnene Befreiungskrieg die
Blüte der Insel fast vollständig geknickt, und es wird Jahr
zehnte bedürfen, ehe die verwüsteten Pflanzungen wieder zu
ihrer alten Ertragsfähigkeit gelangen werden. Für 1897
wird der gesamte Ertrag der Insel an Zucker auf 3 Mill. Ctr.
geschätzt gegen 22 Mill. vor drei Jahi’en. Die zu erwartende
Tabakernte wird wohl nur 75 000 Ballen gegenüber 500 000
im Jahre 1895 betragen. Sehr interessant ist eine Übersicht
über die Hauptausfuhrgegenstände Cubas in den verschiedenen
Jahrhunderten, welche für je 50 Jahre aufgestellt ist. Zuerst
dominierte bezw. beherrschte das Gold vollständig den Export,
welches jetzt von der Liste gänzlich verschwunden ist;
Zuckerausfuhr beginnt erst in der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts, während der Tabak stets eine gute Einnahme
quelle für Cuba bildete.
— Leutnant Hugli Willoughby ist vor kurzem von einer
wissenschaftlichen Erforschung der Evergleades in der Halb
insel Florida zurück gekehrt, wobei er auch Gelegenheit
fand, verschiedene wichtige indianische Altertümer zu er
werben. Er berichtet, dafs die Seminolenindianer der
Zahl nach sich nicht vermindern und dafs diejenigen, welche
in den sumpfigen Evergleades hausen, sich noch ganz in dem
selben Zustande wie vor Jahrhunderten befinden. Sie ver
meiden möglichst die Berührung mit den Weifseu und kommen
nur, um ihre kleinen Handelsgeschäfte zu machen, an die
Küste. Willoughby stellte ein Seminolenwörterbuch zusammen.
— Maorischädel. Die Knochen des Schädelgewölbes
entstehen aus häutiger Anlage, in der in einem frühen
Stadium der Entwickelung einzelne Verknöcherungspunkte
auftreten, die durch fortschreitende Knochenbildung an ihrem
Rande sich zu glatten Knochen entwickeln und schliefslich
mit den Nachbarverknöcherungen verschmelzend zu einem
einzigen Stück, dem fertigen Knochen, verschmelzen. So ist
der flache Teil des Stirnbeins aus zwei, jedes Schädelbein
aus zwei, die Hinterhauptsschuppe aus mehreren Ossifikations-
centren hervorgegangen. Es kommt aber auch ausnahms
weise vor, dafs die einzelnen Verknöcherungen nicht zu
einem Stück zusammenwachsen, sondern bis in höheres Alter
als getrennte Knochen mit einer „Naht“ aneinander stofsen.
Verhältnismäfsig am häufigsten ist das beim Stirnbein (be
sonders beim europäischen Schädel, viel seltener bei dunkel
pigmentierten Rassen) der Fall, und es bleibt dann eine in
früher Kindheit bei jedem Schädel vorhandene mittlere Naht
übrig, die das Stirnbein in zwei seitlich symmetrische Hälften
zerlegt. Seltener ist das Ausbleiben der verschiedenen Ver
wachsungen bei der Hinterhauptsschuppe, die dann wegen
der Kompliziertheit ihrer Anlage aus mehreren Knochen
kamen, und der mannigfaltig möglichen Kombinationen der
Verwachsung in eine variable Zahl verschieden gestalteter
Einzelstücke während des ganzen Lebens aufgelöst bleiben
kann. Die allerseltenste Verknöcherungsanomalie am Schädel
dach ist aber das Nichtverwachsen der beiden Knochenstücke,
aus denen sich das Schädelbein fast ausnahmslos zusammen
schliefst; in der .ganzen Litteratur sind kaum mehr als 25
Fälle verzeichnet, und davon betraf noch ein grofser Teil
ganz junge oder noch gar nicht geborene Kinder. Die Zahl
dieser Anomalie wird um eine vermehrt durch Dorseys Be
schreibung eines Maorischädels (Chicago med. Recorder, vol.
XII, Feb. 1897). Der Schädel wurde durch F. Boas erworben
und befindet sich im Field Columbian Museum in Chicago.
Sein linkes Scheitelbein ist durch eine in seiner Mitte von
vorn nach hinten verlaufende, reich gezähnte Naht (die
übrigen Nähte sind sehr einfach gebildet und zahnarm) in
zwei fast gleiche Hälften geteilt, in eine obere und eine
untere. Welche Ursachen das Ausbleiben einer Verwachsung
beider Teile des Knochens bewirkt haben, ist vollkommen
dunkel. E. Sch—t.
— Ungleichmäfsige Zunahme der Wärme nach
dem Erdinnern ist neuerdings durch verschiedene Beob
achtungen festgestellt worden, wenn auch eine allgemeine
Annahme für den Durchschnitt derselben vorhanden ist.
Nach diesem ergiebt sich, dafs auf je 33m oder 100 Fuss
Tiefe eine Wärmezunahme von 1° C. stattfindet, dafs also die
geothermische Tiefenstufe 33 m beträgt. Am Fusse der
schwäbischen Alb, bei Neuffen, in einem Vulkangebiete der
Tertiärzeit, wurde nun vor mehr als 50 Jahren ein Bohrloch
gestossen, in welchem sich eine ganz überraschend viel
gröfsere Wärmezunahme ergab; denn die Tiefenstufe betrug
dort nur 1,13 m, wie man eine solche bisher noch nirgends
beobachtet hatte. Das war ein Grund, diese Untersuchungen
bei Neuffen mit Vorsicht zu betrachten, bezw. ganz mit
Stillschweigen zu übergehen. Indessen hat nun W. Branco
(in den Jahresheften des Vereins für vaterländische Natur
kunde in Württemberg, 1897, S. 28) die aufsergewöhnliche
Wärmezunahme im Bohrloche von Neuffen einer ferneren
Untersuchung unterzogen und dieselbe bestätigt. Er zeigt
daselbst, dafs auch an anderen Orten der Erde, zum Teil
ganz neuerdings, eine ähnlich abnorm starke Wärmezunahme
sich ergeben hat, wodurch diejenige bei Neuffen das Isolierte
verliert, in dem sie sich bisher noch befand. So mifst, wenn
nur dieselbe Tiefe des Bohrloches überall berücksichtigt wird,
die Tiefenstufe bei Monte Massi in Toskana 13,5 m. Ferner
haben sich in dem Petroleumgebiete nördlich von Strafsburg
im Eisass Tiefenstufen gezeigt bei Pecheibronn von 13,9 m, bei
Oberkutzenliausen von 13,9 m, bei Oberstätten sogar von
7,8 m. Auch bei Macholles, in ehemals vulkanischem Ge
biete der Limagne, fand man 14,4 m. Das sind also Zahlen,
welche wenig über, zum Teil sogar noch unter derjenigen
von Neuffen mit 11,3m stehen. Sehr auffallend ist in den
elsässischen Bohrlöchern das sehr starke Springen der Tem
peraturzunahme , zufolge welcher bei einem und demselben
Bohrloche in den verschiedenen Teufen die Tiefenstufe bald
grofs, bald klein ist.
Das diametrale Gegenteil der soeben erwähnten, abnorm
geringen Tiefenstufen zeigt sich in Nordamerika am Oberen
See in der Calumet and Hecla Mine, wo der riesige Betrag
von 69,6 m für dieselbe beobachtet wurde. Das könnte durch
die abkühlende Wirkung des Wassers zu erklären sein,
welches wie ein gewaltiger kalter Umschlag auf die Ufer der
in den See hineinragenden Halbinsel wirkt.
(Naturw. Rundschau.)
— Kupferzeit in Frankreich. Gegenstände aus reinem
Kupfer hat Dr. Paul Raymond in einer Begräbnisgrotte
von le Gard (Sévennes) in Frankreich gefunden. In der Grotte
von Saint-Geniès, in der früher bereits zahlreiche Feuerstein
geräte gefunden waren, entdeckte er bei neuen Nachgrabungen
im September 1896 unmittelbar unter einer 4 cm dicken
Sinterschicht einen blattförmigen Dolch von 16,5 cm
Länge und 3,2 cm Breite. Die eine Seite desselben war eben,
die andere zeigte in der Mitte der Längsachse eine hervor
tretende Leiste, die Spitze war umgebogen. Wie die chemische
Analyse ergab, bestand der Dolch aus reinem Kupfer ohne
eine Spur von Zinn. Neben dem Fragment einer mensch
lichen Tibia wurde in derselben 25 bis 30 cm dicken
Schicht eine Kupfer perle entdeckt, sowie Stücke von
groben neolithischen Gefäfsen, eine olivenförmige Perle aus
Speckstein (stéatite) und drei doppelseitig bearbeitete Feuer
steinpfeilspitzen (zwei weidenblattföx-mige und eine rauten
förmige). In demselbexx Departement du Gard sind früher
bereits Kupfex-funde in den Gx-otten von Durfort, von la Ro
quette in Conyuegras, von Labry in St.-Hippolyte und von
Rousson gefunden ; auch in einzelnen Dolmen sind dieselben
nachgewiesen. Chantre hat für diese Epoche, die der Bronze
zeit vox’herging, in der aber noch Stein geräte gebraucht
wurden, den Namen „époque cébénienne“, Jeanjean den
Namen „époque Durfortienne“ vorgeschlagen. — (Bul
letin d. 1. soc. d’Anthropologie de Paris 1897, p. 65 ff.)
Verantwort!. Redakteur: Dr. R. Andree, Braunschweig, Fallersleberthor-Promenade 13. — Druck: Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig.