Die Fahrt der „ Germania " und der
umstand die gerührte Schaar den Gastfreund , der ihr das Bild der verlassenen Heimath so reizend auszumalen der - stand , immer mit leiser Hiudeutnug aus die opferbereiten Fässer daheim , während vor ihnen doch nur eitel Wasser zu erwarten stände , daß es ihm wirklich gelang , die Karawane noch in selbiger Nacht zur Umkehr zu bewegen . Als nun gar später Gerüchte von verwundeten , ja todtgeschossenen Bauern in sehr vergrößertem Maßstabe umliefen , feierte unser Taraß mit der Tabacksdose noch nachträgliche Triumphe feiner Boraussicht und väterlichen Weisheit .
Daß die vorgeschritteneren Classen der klein - und neu - russischen Bevölkerung den Druck des Moskowiterthums und die ihnen versagte Berechtigung einer Eigenexistenz tief und schmerzlich entpsindcu , darüber ist kein Zweifel . Wie weit
msa " nach der Ostküste von Grönland . 173
sie sich auch als Russen fühlen und wie loyal sie auch dem Ganzen dienen mögen , die Katkow'fchen Ziele und ihre Trä - ger stehen hier im Süden in sehr schlechtem Gerüche , und jede Maßregel der Verschmelzung , die man irgend einem nichtrussischen Stamme znmnthet , erweckt in den Abkömm - lingen der Ukraine nur sehr zweifelhafte Sympathien . Ruf - fen wollen auch sie sein und bleiben , aber keine Moskowiter im Sinne blinder und schrankenloser Auslösung aller tradi - tionellen Werthe , und je energischer man z . B . ihre Sprache aus dem officiellen , kirchlichen und Erziehnngsleben fernhält , um fo zärtlicher hegen und pflegen sie dieselbe in ihren Fa - milienkreisen . Es ist immer und überall das alte Lied : Hohe Götter werden öffentlich verehrt , aber die Penaten schließt man ins Herz !
Die Fahrt der „ Germania " und der „ Hansa " nach der Ostküste
von Grönland .
ii .
Capitän Koldewey's Bericht über die Fahrt der „ Germania " .
Die Expedition verließ am 15 . Juni 1869 Bremerhaven . Sie bestand aus dem Dampfer „ Germania " und dem schiffe „ Hansa " . Am 15 . Juli kam auf 74° 49' N . 10°53' W . von Greenwich das erste Eis in»Sicht . Die „ Hansa " war von der „ Germania " bei der Insel Jan Mayen in dichtem Nebel getrennt worden , man sand sie aber auf 75° N . wieder aus und nahm sie ins Schlepptau . Am 20 . Juli wurde sie in Folge des Nebels und eines mißverstandenen Signals abermals trennt . Die „ Germania " traf den Dampfer „ Bienenkorb " , chem sie Briefe nach Deutschland mitgab , und drang dann ins grönländische Eis ein . Bald nachher fand sie dasselbe völlig schlossen und fand erst hinter 74° N . hinter dem Seestrome loses Treibeis ; sie konnte dasselbe durchbrechen und westwärts ins Eis eindringen . Sie' kam bis zur Gruppe der Pendulum - Insel ; hinter dem Packeise zeigte sich das ersehnte Landwasser als wirklich vorhanden . Als der 17 . Längengrad passirt war , wußte man , daß man das schlimmste Eis hinter sich hatte , und erreichte fast ungehindert die Sabine - Jnsel , und dampfte am 10 . August weiter nordwärts . Längs der sesten Lande der ost - grönländischen Küste war nördlich von 74° 32' N . gar keine Spur erkennbar ; man sand nur mehrjähriges Eis ohne Sprung und Riß . In 75° 31' N . 17° 16' W . kam das Vordringen zu einem plötzlichen Halte , weil die Eisfelder fest mit dem Landeise zu - sammenhingen ; nach Norden hin war kein Wasser zu sehen .
Bei Cap Philipp Broke war das Landeis in den letzten Tagen losgebrochen ; dort ankerte die „ Germania " am 16 . Au - gust Mittags in 3 Faden Wasser . Die Ersorschungsarbeiten be - gannen sofort und wurden in den nächsten Tagen fortgesetzt . Die Shannoninsel ist bedeutend größer als aus den Karten an - gegeben ; der nordöstlichste Punkt liegt unter 75° 26' nördl . Breite und 13°0' westl . Länge und geht die Westküste beinahe gerade nach Norden . Die Insel macht im Ganzen einen öden und tristen Eindruck . In den Ebenen an der Westküste ist indeß stellenweise Vegetation genug vorhanden , um Herden von Moschus - ochsen , die wir dort antrafen , Nahrung zu gewähren . Das erste Thier dieser Art wurde gleich bei Cap Philipp Broke am 16 . August geschossen .
Unsere Hoffnung aus bessere Eisverhältnisfe ging nicht in Erfüllung . Das Packeis fetzte vielmehr von Osten immer mehr wieder an die Küste ; selbst der im Anfang August gänzlich
freie Theil zwischen Shannon und Pendulum wurde wieder mit Eis angefüllt . Unser Ankerplatz wurde deshalb mit jedem Tage unsicherer . Als am 26 . August die Arbeiten auf der Insel voll - endet waren und Niemand eine Möglichkeit sah , augenblicklich weiter nach Norden vorzudringen , schien es den Zielen der Ex - pedition am meisten entsprechend , nach den Pendulum - Jnseln zurück zu dampfen , um auch hier nach allen Seiten für die Wissenschaft thätig zu sein und wo möglich eine Schlittenreise zur Erforschung eines Fjordes zu machen . Unsere einzige Hoff - nung , noch in diesem Jahre weiter nordwärts zu kommen , be - ruhte auf den Herbststürmen , die möglicher Weise noch eine Oeffnung reißen konnten .
Am 27 . August wurde deshalb wieder südwärts gedampft . In den letzten Nächten hatte sich fo viel junges , bereits Zoll dickes Eis zwischen den Flarden gebildet , daß wir nur mit voller Dampfkraft und häufigem Rückwärtsgehen und Wiederanrennen uns einen Weg bahnen konnten . Ein Segelschiff wäre hier vollkommen hülflos gewesen , da wenig oder gar kein Wind vor - handen war . An dieser Küste ist im Sommer die Windstille entschieden vorherrschend , wie wir in beiden Sommern zu beob - achten Gelegenheit hatten . Die „ Germania " ankerte an der Südseite von Klein - Pendulum , Abends II Uhr , den 27 . August , in 5 Faden Wasser .
Der erste Theil des September verlief mit Aufnahme des Landes , der andere mit wissenschaftlichen Untersuchungen , Jagd auf Moschusochsen , Rennthiere zc . Das Eis brach nicht auf ; selbst einige heftige Stürme aus Norden übten keinen Einfluß auf die trüge Masse aus . Das Landeis zwischen Shannon und dem Festlande lag unverändert sest ; unser Schiff wurde in immer engere Grenzen eingeschlossen , und selbst ein Versuch , in die Gale Hamkes Bai einzufahren , mißlang , da auch diese bereits mit schwerem Eise angefüllt war . Bei der Windstille bildete sich immer mehr und mehr junges Eis und obgleich dieses bei jedem Nordwinde wieder zerschlagen wurde , deuteten doch alle Anzeichen aus das Herannahen des Winters .
Am 13 . September lag die „ Germania " wieder in dem kleinen Hafen an der Südseite der Sabine - Jnsel , in dem sie zuerst am 5 . August die Anker ausgeworfen hatte . Es wurden Vorbereitungen zu einer Schlittenreise nach dem Innern fen und dieselbe am folgenden Tage Mittags angetreten . In der Nacht hatte sich wieder viel junges Eis in der Straße und um das Schiff gebildet , so daß wir uns nur mühsam mit dem Boote bis zum alten Eise hindurcharbeiteten , welches eine