Volltext: Globus, 18.1870






Band xviii . 
x 9 . 
Iii befoitderer HerürlisiilitiZung tt«Antliroxologie itnil öEflinaloriie . 
Zn 
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von 
Karl Andree . 
^ep^tUlöer Monatlich 4 Nummern . Halbjährlich 3 Thaler . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , Ä 4 Sgr . 1870 . 
Wanderungen im südlichen Indien . 
ii . 
Die Königsfamilie in Tanjore . — Asien in Trivadi . — Tritschinapoli , dessen Burg und Pagoden . — Der Tempel Don Sriringam . Palmyrapalmen . — Die Schanars . — Charakter der indischen Teufelsverehrung . — Siwadienst . — Brahmanismus . 
In der Familie der ehemaligen Beherrscher von Tanjore herrscht Zwiespalt . Während Sakaran Sahib von einer unmöglichen Wiederbesitznahme des Thrones träumt , möchte Sorerao Sahib sich die Krone aussetzen . Er ist Bruder der ersten Königin ; der verstorbene Radscha hatte vierzehn legitime Gemahlinnen und daneben fünfzig Kebsfrauen , welche 1863 allesammt im Palaste wohnten . Die Maharatten halten streng darauf , daß die Frauen abgeschlossen bleiben . Nun ist die einzige vorhandene legitime Tochter des verstor - benen Königs Siwadschi nicht von der ersten ( höchsten , Ober - ) Königin geboren worden ; nach den Landesgesetzen erhält aber nur diese erste Königin , so lange sie lebt , die Einkünfte , welche die Engländer dem Hofe zugebilligt haben ; die übri - gen Frauen bekommen nur wenig . Jene Königin bot ihren ganzen Einfluß auf , um ihren Bruder Sorerao Sahib em - porzubriugeu , und so ist im Palaste ewiger Hader . Im Ganzen genommen erscheint dieses Treiben ohne alle Bedeu - tung ; denn die Macht der Maharattendyuastie im Tamulen - laude Tanjore ist völlig gebrochen . Sorerao Sahib hat sich dem übermäßigen Genüsse des Opiums ergeben und pflegt den lieben , langen Tag zu verschlafen . 
Die Oberkönigin ließ , dem Reisenden zu gefallen , die Siegel abnehmen , welche während einer frühern Rechtsstrei - tigkeit zwischen ihr und der englischen Verwaltung angelegt worden waren . So wurde der Hofraum zugänglich , in wel - 
Globus XVIII . Nr . 9 . ( September 1870 . ) 
chem das vom Engländer Chantrey verfertigte Marmorstand - bild Siwadschi's aus einem gewaltigen Steinblocke sich erhebt ; die Sculptureu an den Seiten desselben stellen Kriege der Dämonen dar . Aus der einen Seite des Hofes steht ein pyramidenförmiger Thurm ; er enthält das Arsenal mit alten Maharattenwaffen , welche als eben so viele Gottheiten verehrt werden . 
Die nördliche Eingangsthür zum Palaste darf vom Nad - scha niemals betreten werden , weil sein Leichnam aus ihr zur Verbrennnngsstätte gebracht wird . In der großen Fe - stnng steht auch eine Pagode , welche dem Radscha Gopala , d . h . dem Gotte Wischnu , geweiht ist , nnd vorzugsweise die - ses Heiligthum genoß hohes Ansehen bei dem verstorbenen Könige . Er ging manchmal insgeheim mitten in der Nacht dorthin , um seinen Lieblingsgöttern , Wischnu und Siwa , Menschenopfer darzubringen . Er ließ zehn - bis zwölf - jährige Mädchen auskaufen und in den Tempel schaffen , ohne daß sie eine Ahnung davon hatten , was ihnen bevorstand . Die Engländer nahmen diese Abscheulichkeiten zum Vor - wände , sich des Königs zu bemächtigen , und er ist bis zu seinem Tode eingesperrt geblieben . Als Grandidier in Tan - jore war , ließ gerade der englische Steuereinnehmer ( Collec - tor ) einen Thron und einen Palankin von massivem Golde , welche einst der königlichen Familie gehört hatten , ein - schmelzen . 
17
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.