Kleine Mitteilungen .
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dadurch wurde aus dem Zweipott ein Vierpott . — Auf manchen Dominien des Kreises Stolp gibt es , wie mir Herr Dr . med . Boseck in Stolp mitteilt , auch Sesspötte , und auf dem v . Belowschen Gute Seehof ( Kr . Schlawe ) befindet sich , wie ich von Frau v . Bonin - Schönwerder erfahre , von altersher ein Haus mit acht Deputantenwohnungen , das der Achtpott genannt wird . Besonderen Wert lege ich auf den Sösspott , und zwar aus folgendem Grunde :
In dem bekannten Grimmschen Märchen 'Von dem Fischer un syner Fru' ( nr . 19 ) heisst es zu Anfang : 'Dar wöör maal eens en Fischer und syne Fru , de waanden tosamen in'n Pissputt' . An dem Worte Pissputt haben gewiss schon manche Leser Anstoss genommen ; auch ich beanstande das Wort , zwar nicht in dem Sinne der Frau Ilsebill ( dat stinkt un is so eeklig ) , sondern mir ist das Wort aus sachlichen Gründen verdächtig : ein Pissputt bietet nun und nimmermehr eine Wohnungsgelegenheit für Menschen , nicht einmal im Märchen . Ich glaube vielmehr , dass das Wort Pissputt durch Missverständnis an die Stelle gesetzt ist und dass es ursprünglich statt dessen vielmehr Sössputt oder Sösspott gelautet hat .
Das vorliegende Märchen und das Märchen 'Von dem Machandelboom' ( nr . 47 ) — die beiden einzigen der Sammlung , die in pommerscher Mundart wiedergegeben sind — verdanken die Brüder Grimm dem pommerschen Maler Philipp Otto Runge ( 1777—1810 ) , den der Heidelberger Freundeskreis Arnim und Brentano , Görres und Boisserée in ihr Interesse gezogen hatten . Als nun Runge im Januar 1«06 in Hamburg des Knaben Wunderhorn einsah , fiel es ihm auf , dass manches darin durch Verhochdeutschung verloren habe , und so machte er sich sogleich daran , zwei plattdeutsche 'Löögschen oder Döhnchen , wie sie die Kinderfrauen wohl erzählen , so aufzuschreiben , wie sie sich anhören' . Durch den Buchhändler Zimmer , an den er sie schickte , kamen sie in Arnims und durch diesen in Grimms Hände . Vgl . Petrich , Pom . Lebens - und Landesbilder 2 , 264 f . [ Steig , Archiv f . neuere Sprachen 107 , 286 . 110 , 8 ] .
Es sind nun zwei Möglichkeiten denkbar , wie aus dem Sösspott der originalen Fassung der Pissputt entstanden ist . Entweder hat Runge den Ausdruck seiner Quelle missverstanden und von Anfang an das unrichtige Pissputt gebraucht , oder Arnim und Grimm haben das ihnen schriftlich überlieferte Sösspott , das vielleicht auch noch undeutlich geschrieben sein mochte , nicht verstanden und daraus einen Pissputt gemacht . Von diesen beiden Möglichkeiten gebe ich der letzteren den Vorzug . Denn dass Runge , der bis zu seinem achtzehnten Lebensjahre in dem völlig plattdeutschen Wolgast lebte , das — wie ich annehme — von ihm gehörte Wort Sösspott nicht verstanden haben sollte , ist an und für sich nicht scheinlich .
Im Texte des Märchens steht überall Pissputt mit u ; ebenso findet sich Putt = Topf auch in dem Märchen von dem Machandelboom . Die Form Putt ( statt Pott ) habe ich weder in Vorpommern , noch in Hinterpommern feststellen können . Wie ich höre , sagt man aber im Hannoverschen Putt ; ferner stehen bei Schiller - Lübben ( Mittelnd . Wtb . ) die beiden Formen pot und put nebeneinander , und Weigand ( Dt . Wtb . ) führt die Form put als nd . aus dem 15 . Jahrhundert an ; noch wichtiger aber ist es , dass nach dem Bremisch - niedersächs . Wtb . in Hamburg Putt gesagt wird . In Hamburg aber hat sich Runge mehrere Male längere Zeit aufgehalten , so dass die Einsetzung der unpommerschen Form putt dadurch zu erklären wäre . Im pommerschen Platt gibt es auch ein Putt als Nebenform von Pütt , welches ein Wasserloch , eine Wassergrube , einen gegrabenen Brunnen deutet , so z . B . in von Normanns Rüg . Landrecht ( etwa 1530 ) pütten edder söde ( S . 100 ed . Frommhold ) .
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