Fragen und Ergebnisse der Kreuzsteinforschung .
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ist seitdem bekannt geworden1 ) , aus dem Rochlitzer Amt allein sechs aus den Jahren 1516—'282 ) . So konnte denn auf Grund wachsenden Urkunden - materials Franz Wilhelm schon 1901 erklären , dass alle sogenannten Franzosen - , Schweden - , Pest - , Raben - , Rebellionskreuze als nichts anderes denn als Sühne - oder Mordkreuze anzusprechen seien3 ) .
Die Totschlagsühne stellt einen Rest des altgermanischen gleichwesens dar , neben der Einrichtung der Freiung , des Asylrechts von Kirchen und Klöstern die wichtigste Milderung des strengen verfahrens des Mittelalters4 ) . Die älteste Form der Strafe für ein gehen an Leib und Leben ist die Blutrache , die bei den Germanen rechtlich anerkannt war . Jeder zur Sippe gehörende Volksgenosse war verpflichtet , für den geschädigten Sippgenossen einzutreten und der Familie des Erschlagenen Genugtuung zu verschaffen . Auch nach Lockerung des Sippenverbandes und Festigung der staatlichen Rechtspflege blieb diese private Ahndung bestehen ; eine Bestrafung des Verbrechers von Staats - wegen war dem ältesten Recht unbekannt . Die Blutrache konnte man nach Tacitus ( Germ . c . 21 ) mit Wergeid , Zahlung einer Entschädigung in Haustieren oder später einer Geldsumme , abkaufen , der Beklagte oder dessen Blutsfreundschaft zahlte eine Busse an die Blutsfreundschaft des Erschlagenen . An die Stelle der Blutrache konnte also die Sühne treten .
Die Kirche hat diese Vergleiche als Milderung oder Ersatz für die • grausame Blutrache gebilligt , ja , sie scheint sich ein Mitwirkungsrecht sichert zu haben , denn nur in wenigen Vertragsurkunden fehlt die Forderung von religiös - kirchlichen Bussen , wie in einigen Nürnberger Sühneverträgen6 ) , ja in den weitaus meisten spielen jene Bedingungen die erste Rolle . Gefordert wird gewöhnlich : 1 . Busse für das Unrecht an der Familie des Getöteten ; 2 . Busse für das Unrecht an dem Getöteten selbst ; 3 . Busse für die tretung des göttlichen Gebots . Die erste bestand in Geldbusse , Wergeid ; die zweite in Stiftung von Seelenmessen , Gebeten , Grabbesuch , brennen , Wachsspenden , Bussübungen , Almosen und anderen guten Wrerken zum Seelenheil des Erschlagenen , das sog . 'Seel ( en ) gerät' oder 'Seelenbad' ; die dritte in Kirchenbusse , Kirchenstiftungen und Wallfahrten nach Rom , Jerusalem , Aachen , Einsiedeln , Santiago di Compostella , Padua , Andechs , Ettal , Inchenhofen , Ichenhausen6 ) . Dazu kommt nun in der Mehrzahl der
1 ) Vgl . Bibliothek f . Volks - und Heimatkunde S . 7 .
2 ) Erzgebirgszeitung 28 ( 1907 ) .
3 ) A . a . 0 . 39 , 195 .
4 ) Vgl . Frauenstädt , Blutrache und Totschlagsühne S . 105 ; Baumann , Gesch . d . Allgäus 2 , 326 .
5 ) Vgl - Rieder a . a . 0 . 6 ( 1891 ) S . 2 : Nur Geldbusse an den Rat und Entschädigung an die Hinterbliebenen ; oder war jene vorausgesetzt ? Sie fehlt nicht in dem vom grafen Friedrich von Nürnberg 1383 vermittelten Vertrag ( s . oben S . 265 ) . Eine andere eigenartige Sühnegabe , bestehend in einem prächtigen Parament , für den Aachener schatz , behandelt H . Lörsch in der Zeitschr . d . Aachener Geschichtsvereins 11 ( 1880 ) S . A . S . 1 .
6 ) Vgl . eiüzelne Nachweise in Deutsche Gaue 9 , 195f . ; Luchs a . a . 0 . S . 245 ( Wilsnack ) ;