Fragen und Ergebnisse der Kreuzsteinforschung .
263
finden sich Jahreszahlen auf bayerischen Steinkreuzen , z . B . Hindelang ( 1533 ) , Sulzberg ( 1567 ) , Baisweil ( 1592 ) , Breitenbach ( 1608 ) 1 ) ; Dettenhofen [ Ammersee ] ( 1671 ) , Raisting ( 1616 ) , Dettenschwang bei Dettenhofen ( 1714 ) , Reichling ( 1784 ) 2 ) .
Wieder andere Kreuzsteine sind auch ohne Datum sicher datierbar , weil ihre Errichtung urkundlich festgelegt und zeitlich bestimmt ist , so das Kreuz an der Berliner Marienkirche , das nach Ermordung des Propstes Nikolaus von Bernau in den Kämpfen der Kurie mit Kaiser Ludwig dem Bayern ( 16 . August 1325 ) nach dem Sühnevertrag von 1335 gesetzt wurde . Heute noch steht dieses einfache Denkmal aus altersgrauer Vorzeit , umbraust vom Lärm der Millionenstadt , wenn auch nicht mehr an seinem ursprünglichen Standort3 ) .
Ausser den seltenen Ziffern finden sich dann und wann auch staben in lateinischer Form , gewöhnlich als Anfangsbuchstaben von Vor - und Zunamen einer Person zu deuten . In Bayern sind einige Kreuzsteine , auf denen Yor - und Zuname in Anfangsbuchstaben und Zehner und Hunderte der Jahreszahl auf die vier Enden der Kreuzesbalken verteilt sind , z . B . in Aidenried am Ammersee : oben 17 , unten 79 , links J . , rechts F . , oder die zwei Lettern auf der Vorderseite und die Zahlen auf der seite , wie in Dettenschwang bei Dettenhofen am Ammersee4 ) . Auf dem Steinkreuz bei Tigerfeld im Württembergischen stehen links in der Kreuzung J . V . , davon getrennt durch ein anderes Zeichen , rechts die zahl 17 , und unter jenem Monogramm in der Mitte die Zahl 26 . Dass auch diese einsilbigen Mitteilungen aus alter Zeit mit Zuhilfenahme von Urkunden inhaltlich deutbar sind , kann ich durch ein Beispiel weisen . Auf dem kleinen Kreuzstein bei Reichling ( 44 : 37 : 12 ) steht über einer rechteckigen Vertiefung , in der noch ein schmiedeeiserner Nagel stak , eingemeisselt : I . 0 . R . , links von der Vertiefung 17 , rechts 84 . Die Volkssage , es sei an der Stelle jemand vom Blitz erschlagen worden , bestätigte ein Einblick in die Pfarrmatrikel von Reichling ; sie löste auch urkundlich sicher die Abkürzung . Daselbst ist unterm Jahr 1784 getragen : 'Am 7 . Juni wurde der ehrengeachtete und allgemein beliebte Herr Josef Ostner , als er um die Mittagszeit etwas ausser dem Dorf spazieren ging , unversehens vom Blitz getroffen und tot aufgefunden5 ) / J . O . R . wäre demnach zu entziffern : Josef Ostner , Reichling . Welche Bedeutung diesem , dem Pfarrer Raich , Seifriedsberg , gelungenen Fund für die Lösung des Rätsels der Kreuzsteine zukommt , wird der Abschnitt über die Deutung unserer Denkmäler ergeben .
1 ) Deutsche Gaue 3 , 40 . â 2 ) Katholik 84 , 45 ff .
3 ) [ Die Sühneurkunde , vgl . oben S . 2606 , verlangt das Kreuz 'uppe die Stede , dar he ge -
dodet ward' , d . h . auf dem Neuen Markt . Näheres bei Schwebel , Gesch . der Stadt Berlin 1 , 152 . ]
4 ) Raich a . a . 0 . S . 45 .
5 ) Katholik 84 , 46 . Eine Eintragung im Kirchenbuch von Böbing ( Schongau ) vom 3 . Dez . 1632 wird Deutsche Gaue 4 , 130 auf das dortige , freilich zeichenlose Kreuz weniger sicher
bezogen . '