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Spiess :
Bei Hollen dieselbe Superstition ( s . oben 18 , 444 ) ; aber abweichend» Nach Hollen wird die Befächelung nicht gegen eine gewisse Krankheit , , sondern gegen Behexung angewendet , und sie wird mit einem rechtmässig ererbten Blasebalg ausgeführt , nicht mit einem Messbuche , wie bei Bernardino .
Halle a . S .
( Schluss folgt . )
Zur Methode der Trachtenforschung .
Von Karl Spiess .
Obwohl die Volkstracht von allen Erzeugnissen des Volkstums das am meisten in die Augen fallende ist , ist ihre wissenschaftliche forschung noch kaum in Angriff genommen . Das Interesse der Forscher hat sich etwas zu einseitig den geistigen Erzeugnissen des Volkstums in Lied , Sage , Märchen , Sprache , Sitte und Brauch zugewendet und darüber das weite Gebiet der sachlichen Volkskunde allzusehr vernachlässigt . Dass auch die Hausbauforschung noch in ihren Anfängen steht , sei nur nebenbei erwähnt . Der Nachteil , der der Trachtenkunde hieraus wuchs , war ein doppelter . Was die wissenschaftliche Volkskunde säumte , suchte der Dilettantismus nachzuholen . Völlig übersehen konnte man die Volkstracht ja nicht ; dazu war das äussere Bild , das sie bot , viel zu auffallend . Aber den einzig zulässigen Standpunkt , nämlich den der geschichtlichen Betrachtungsweise , zu ihr einzunehmen , dazu waren die Beobachter meistens ausserstande . Sie erschien den modisch gekleideten Städtern als etwas völlig Fremdes und urwüchsig Volkstümliches , von dem aus keine Verbindungslinie zur modischen Kleidertracht führte . Man sah in ihr ein Kennzeichen wurzelechten , unverfälschten Bauerntums und überschätzte ihr Alter oft in grotesker Weise . Durch ihr farbenprächtiges Bild liess man sich verleiten , sie ästhetisch zu würdigen und zu kritisieren ; man fand sie , je nach dem persönlichen Geschmack , 'schön' oder 'hässlich' und 'entstellend' , und machte das esse , das man für sie empfand , von dem Eindruck abhängig , den man von ihr empfing . Auf diese Weise entstanden Trachtenwerke von oft sehr prächtiger Ausstattung , die aber für die wissenschaftliche Trachtenkunde keine Förderung bedeuteten . Auch die verschiedenen Trachtenvereine sahen ihre Aufgabe nicht in einer wissenschaftlichen Erforschung der