Boite : Protokolle .
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Ans cien
Sitziings - Protokollen des Vereins für Volkskunde .
Freitag - , den 14 . März 1902 . Herr Maler Hugo Ludwig legte eine Sammlung von kleinen als Spielzeug dienenden Tierfiguren vor , die der Töpfer Regelin in Fürstenwerder geformt und gebrannt hat . Herr Fabrikant Sökeland wies auf ähnliche aus Braunschweig und Torgau stammende Reste einer einst blühenden Hausindustrie hin , die ( las Museum für deutsche Volkstrachten aufbewahrt . Eine besondere Gruppe bilden die ebenfalls aus freier Hand geformten , aber nicht brannten Figuren , die mit Wasserfarben ( rote und schwarze Tupfen auf weissem Grunde ) bemalt sind und nur noch für den Weihnachtsmarkt hergestellt werden . Meist ist noch eine Pfeife daran angebracht . Herr Geheimrat Bartels betonte die Ähnlichkeit von thönernen Reiterfiguren , die er in Florenz gekauft , mit alt - etruskischen Funden und besprach die verschiedenen Tierfiguren , die aus historischen Gräberfeldern zu Tage gefördert sind . Herr Prof . von den Steinen wünschte die an verschiedenen Orten dargestellten Tierarten festgestellt zu sehen . — Darauf folgte ein Vortrag von Herrn Dr . Ed . Hahn über die Einführung des Ackerbaues im Lichte der deutschen Sage . Er stellte den Ackerbau als eine Verquickung zweier Wirtschaftsweisen , des Baues der Kulturpflanzen und der Viehzucht dar . und als seine Beschirmerin die Göttin Holle oder Berchta , die Mannhardt , Golther und Tille irrig für eine späte Personifikation eines christlichen Kalendertages erklären . Dem Ackerbau gehören ihre Attribute an , die Rinder , der Wagen , der Pflug , das Schiff , die Gans , sowie ihre Beziehungen zum backen und Bierbrauen . Die Spuren ihres Kultes klingen nicht nur in den zügen des Nerthusbildes bei Tacitus und in der Legende von der hl . Edigna wieder , sondern auch im Fahnenwagen der Lombarden , in den Schiffsumzügen mittelalterlicher Gewerke , in den Sagen vom Brot , das die Unterirdischen den Pflügern reichen etc . Auch die vom Ackerbau getrennte Gärtnerei der Bäuerin stand unter ihrer Obhut . Andrerseits trägt Frau Percht auch wilde Züge ; sie ver - langt Menschenopfer und erscheint unter zwölf Perchtenläufern als dreizehnter und rafft einen dahin . Mehrfach ist sie durch eine männliche Gestalt verdrängt , und beide Kulte vermischen sich miteinander ( Niördh in Skandinavien , Frau Gode in Mecklenburg ) . — in ¿er dem Vortrage folgenden Diskussion wies IlerrRoediger aul die skandinavischen Erzählungen von Menschenopfern bei Misswachs , auf den auf den Brandbau gedeuteten Mythus von den Haaren der Göttin Sif u . a . , Herr Dr . Max Herrmann auf den Ochsenwagen Kaiser Friedrichs III . hin . Herr Prof . von den Steinen hob hervor , dass der Wagen in Amerika erst durch die Spanier eingeführt worden sei ; Herr Sökeland stellte fest , dass die Herstellung des Bieres aus gedörrtem Malz bedeutend später als die Einführung des Ackerbaues erfunden sein müsse .
B Freitag , den 25 . April 1902 . Herr Prof . Dr . M . Roediger sprach über iner Leierkastenlieder , von denen er eine von 1820—1860 in der Druckerei der F I0W^ZSC^ ersc'^enene Sammlung vorlegte . Er zeigte die Wiederspiegelung reiheitskriege , der schleswig - holsteinischen Frage und des Jahres 1848 in lesen Poesien , deren Verfasser fast nirgends genannt werden , ging auf die geist - ic ien , die Liebes - und Scherzlieder , die Balladen , Standeslieder ein und beleuchtete 1 en Jin^uss einzelner Dichter und Komponisten , namentlich von Opern und Possen .