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Zum Schlüsse sei erwähnt eine Publikation der Krakauer Akademie unter dem Titel Litauische Volksweisen gesammelt von Anton Juszkiewicz , bearbeitet , redigiert und herausgegeben von Sigmund Noskowski , einem hervorragenden polnischen Komponisten , und Johann Baudouin de Courtenay , dem bekannten polnischen Sprachforscher ( 1900 , XLIV und 247 S . 4° ) : die reichste Sammlung von melodien , die je auf einmal herausgegeben wurde , 1785 Melodien , für die gleichende Geschichte der Volksweisen von hervorragendster Bedeutung . Die Sammlung ist so eingerichtet , dass auch der des Polnischen unkundige Leser über Entstehung , Bedeutung , Benutzung derselben durch deutsche Übersetzungen länglich orientiert wird .
Von bulgarischen und russischen Publikationen musste diesmal wieder sehen werden .
Ber 1 in . A . Brückner .
Die Volkskunde als Wissenschaft von E . Hoffmann - Krayer , ao . Prof .
an der Universität Basel . Zürich , Amberger , 1902 . 34 S . gr . 8° . 1 Mk .
Der Verfasser will darlegen , was man unter Volkskunde versteht und wie ihre Probleme wissenschaftlich erfasst werden können . Denn ihm bangt mit Recht vor dem Dilettantismus , insofern als dieser vermeint , Wissenschaft zu sein , und verarbeiten will , während Laien besser durch sorgfältiges Sammeln der schaft Dienste leisten sollten und sich durch Herbeischaffen von Material reichen Dank verdienen könnten .
Zunächst wird der Begriff des Volkes für die Volkskunde als ein nicht nationaler' , sondern 'social - civilisatorischer' gefasst und ihr 'das niedere , primitiv denkende , von wenig Individualitäten durchdrungene Volk' zugewiesen . 'In erster Linie' , sagt der Verfasser und thut wohl daran , weil er nachher selbst zeigt , dass auch das niedere Volk am Portschritt der Kultur teil hat . Dass sich Volkskunde , Kulturgeschichte , Ethnographie berühren , ja mehrfach decken und die Grenzen verschwimmen , führt er aus , und ich möchte da , wo er auf die Ausgestaltung primitiver Mythen durch die Dichtkunst zu sprechen kommt , auch dem historiker noch einen Platz sichern , wie ihn überhaupt die ganze poetische Seite der A olkskunde angeht . Das ist ja der Vorzug der modernen Forschung , dass wir uns nicht innungsmässig von einander abschliessen , sondern uns des hanges mit den Nachbarn bewusst sind und bei ihnen Hilfe suchen . Hoffmann - Krayer möchte 'Konfusionen' vermeiden und die 'prinzipiellen Unterschiede' stellen , die ihm doch unter den Händen zerrinnen . Auch der Naturwissenschaften bedürfen wir , nur dass wir — darin stimme ich dem Verfasser bei — in ihnen nicht unsre letzte Zuflucht erblicken und nicht übersehen wollen , dass bei ihnen gleichfalls auf die Sammlung , Ordnung und Prüfung der Erscheinungen das klären durch bestreitbare Hypothesen folgt .
Es liegt im Thema , dass , was der Verfasser nunmehr über die Gattungen , ^et'10<^en un^ Probleme der Volkskunde sagt , bestimmter lautet und fester steht . 1 verdeutlicht es überall durch reichliche und wohlgewählte Beispiele , und man lSS gern von dem bewanderten Kenner dieser Dinge leiten .
0 sei denn die anregende und belehrende Schrift bestens empfohlen .
Berlin - Max Roediger .